Für Erwerber: Ansprüche gegen die Bauträger-Bank, wenn der Bau steckenbleibt

 Olaf Gratzke

Olaf Gratzke

 Nicole Kipnis

Nicole Kipnis

Aus einer Freistellungserklärung kann der Erwerber von der Bank des Bauträgers die Löschung des vorrangigen Grundpfandrechts oder eine anteilige Kaufpreisrückzahlung verlangen, wenn das Bauvorhaben nicht vollendet wird. Sie schützt den Erwerber auch vor einer Zwangsvollstreckung in das Grundstück durch die Bank. (Co-Autorin: Eline-Sophie Holtz)

Für Erwerber: Ansprüche gegen die Bauträger-Bank, wenn der Bau steckenbleibt
Für Erwerber: Ansprüche gegen die Bauträger-Bank, wenn der Bau steckenbleibt

11.10.2024 | Bau- und Immobilienrecht

Der Kauf einer Wohnung oder eines Gebäudes kann für Erwerber vom Traum zum Albtraum werden, wenn das Projekt in der Bauphase stecken bleibt und nicht bezugsfertig wird. Der nachfolgende Artikel zeigt auf, wie der Erwerber dennoch sein Eigentum lastenfrei erwerben und eine mögliche, durch die den Bauträger finanzierende Bank (nachfolgend: Kreditgeber) betriebene Zwangsvollstreckung in das Baugrundstück abwenden kann.

Der Bauträgerkaufvertrag und Sicherungsmechanik über Freistellungserklärungen

In dem Bauträgerkaufvertrag verspricht der Bauträger, eine näher definierte Immobilie bezugsfertig zu errichten und lastenfreies Eigentum an ihr zu übertragen. Der Erwerber verspricht regelmäßig, den Kaufpreis nach Bautenstand zu zahlen. Zuvor hat der Bauträger das Baugrundstück bereits erworben und den Ankauf durch Bankdarlehen refinanziert. Deshalb ist das Baugrundstück zumeist mit Grundpfandrechten belastet, die im Rang der Auflassungsvormerkung des Erwerbers vorgehen.

Im Rahmen des Bauträgerkaufvertrages erhält der Erwerber sodann regelmäßig eine sogenannte Freistellungsverpflichtungserklärung (nachfolgend: Freistellungserklärung) von dem Kreditgeber. Wird die Erklärung nicht abgegeben, so darf der Bauträger grundsätzlich keine Zahlungen des Erwerbers entgegennehmen oder verwenden, § 3 Abs. 1 Satz 1 der Makler- und Bauträgerverordnung (nachfolgend: MaBV).

Die Freistellungserklärung sichert dem Erwerber zunächst zu, dass der Kreditgeber sein im Grundbuch eingetragenes Pfandrecht an dem Baugrundstück löscht, wenn das Bauvorhaben vollendet und der Kaufpreis vollständig gezahlt worden ist.

Die Freistellungserklärung schützt den Erwerber jedoch auch bei Nichtvollendung des Bauvorhabens. Ein nichtvollendeter, „steckengebliebener“ Bau liegt dann vor, wenn die Fertigstellung des Bauvorhabens durch den Bauträger unterbleibt und eine solche auch nicht mehr absehbar ist. Dem Erwerber ist es dann möglich, je nach Ausgestaltung der Freistellungserklärung im Einzelfall, die Löschung des Grundpfandrechts von dem Kreditgeber zu verlangen oder aber jedenfalls anteilig den entrichteten Kaufpreis zurückzuerhalten.

Möglichkeit 1: Freistellung von Grundpfandrechten des Kreditgebers

Der Erwerber kann auf Grundlage der Freistellungserklärung von dem Kreditgeber verlangen, dass dieser die Löschung des zu seinen Gunsten eingetragenen Grundpfandrechts bewilligt. Voraussetzung des Anspruchs ist hierbei stets, dass der Erwerber den Teil des Kaufpreises entrichtet hat, der dem erreichten Bautenstand entspricht, § 3 Abs. 1 Satz 2 MaBV.

Sollte der Kreditgeber eine über den bereits entrichteten Kaufpreis hinausgehende Restvergütung für die Freistellung einfordern, so trägt er die dahingehende Darlegungs- und Beweislast. Dies ist aufgrund der teilweise komplexen Berechnung für den Erwerber vorteilhaft. Für die Berechnung der dem Bautenstand entsprechenden Vergütung ist nämlich zunächst der tatsächlich erreichte Bautenstand einschließlich des Grundstückswertes zu ermitteln. Dieser Wert ist anschließend in ein Verhältnis zu der mit dem Bauträger vereinbarten Gesamtvergütung zu stellen. Zu beachten ist hierbei insbesondere, dass nicht lediglich der objektive Verkehrswert als Maßstab für die noch zu entrichtende Vergütung herangezogen werden darf.

Durch die Freistellung des Baugrundstücks von vorrangigen Grundpfandrechten des Kreditgebers wird sichergestellt, dass der Erwerber nicht nur das Eigentum an dem Grundstück vom Bauträger erwerben kann, sondern dieses auch lastenfrei ist. Hat der Erwerber erst einmal lastenfreies Eigentum an dem Grundstück sowie dem steckengebliebenen Bau erhalten, so kann er selbst den Bau fertigstellen, ohne eine Zwangsvollstreckung in das Grundstück durch den Kreditgeber befürchten zu müssen.

Möglichkeit 2: Rückgewähr von Kaufpreiszahlungen durch Kreditgeber aufgrund Rückzahlungsvorbehalts

Der Kreditgeber kann sich vertraglich die Möglichkeit einräumen lassen, im Fall eines steckengebliebenen Baus statt der Freistellung des Grundstücks lediglich den bereits entrichteten Kaufpreis zurückzugewähren, § 3 Abs. 1 Satz 3 MaBV.

Kommt es zu einer Rückzahlung aufgrund eines solchen Vorbehalts, so hat der Kreditgeber die Zahlungen zurückzugewähren, die vom Erwerber entsprechend den vertraglichen Vereinbarungen tatsächlich geleistet wurden. Begrenzt ist die Rückzahlung jedoch auf den objektiven Verkehrswert des steckengebliebenen Baus einschließlich des Baugrundstücks. Auch hier ist mithin zunächst eine Bewertung des Baus einschließlich des Grundstücks vorzunehmen.

Die konkrete Formulierung des Rückzahlungsvorbehalts kann hierbei Auswirkungen auf die Möglichkeit des Erwerbers haben, auf die Wahl des Kreditgebers hinsichtlich der Ausübung des Rückzahlungsvorbehalts Einfluss zu nehmen. Eine einzelfallbezogene Prüfung kann dementsprechend ergeben, dass der Kreditgeber den Wunsch des Erwerbers nach lastenfreiem Grundstückseigentum zu berücksichtigen hat oder aber der Erwerber die Möglichkeit hat, die Rückzahlung des Kaufpreises durch die Bank gezielt herbeizuführen.

Was tun, wenn der Kreditgeber trotz Freistellungserklärung die Zwangsvollstreckung betreibt?

Es kann dazu kommen, dass der Kreditgeber aufgrund des zu seinen Gunsten eingetragenen Grundpfandrechts die Zwangsvollstreckung in das Erwerbergrundstück trotz Vorliegens einer Freistellungserklärung und ohne vorherige Einigung mit dem Erwerber betreibt. Auch dann stellt die Freistellungserklärung den Erwerber jedoch nicht schutzlos.

Durch Urteil des Landgerichts München vom 12. Februar 2015 erreichten die Erwerber eines Grundstücks, dass die in das von ihnen erworbene Grundstück betriebene Zwangsvollstreckung für unzulässig erklärt wurde. Sie erhoben Drittwiderspruchsklage gegen die Zwangsvollstreckung des Kreditgebers, der trotz Zahlung des nahezu vollständigen Kaufpreises auf das vertraglich festgelegte Konto sowie Vereinbarung einer Freistellungserklärung in das erworbene Grundstück vollstrecken wollte (LG München II mit Endurteil vom 12. Februar 2015 – Az. 5 O 775/14 Bau).

Handlungsempfehlung bei steckengebliebenem Bau: Lastenfreistellung vorantreiben

Ein Erwerber hat gute Möglichkeiten, lastenfreies Eigentum zu erwerben, auch wenn der Bau nicht wie geplant fertiggestellt wird. Für eine schnelle Lösung wird es darauf ankommen, dem Kreditgeber die maßgeblichen Tatsachen hinreichend transparent vorzutragen.