Architektur im Zwiespalt zwischen erlaubter und verbotener Rechtsdienstleistung

 Jan Phillip Salver

Jan Phillip Salver

Die HOAI unterstellt der Architektur Grundleistungen, die eine konkrete Prüfung der Rechtslage erfordern. Dass damit unweigerlich ein Haftungsrisiko des Architekten besteht, verdeutlichte der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 09.11.2023, Az. VII ZR 190/22.

Architektur im Zwiespalt zwischen erlaubter und verbotener Rechtsdienstleistung

10.09.2024 | Bau- und Immobilienrecht

Sachverhalt

Gegenstand der Entscheidung ist die Beauftragung eines Architekten mit der Erbringung von Planungsleistungen der Leistungsphasen 1 bis 8 gemäß § 33 HOAI (2009). Dieser stellte dem Auftraggeber unter anderem einen Bauvertragsentwurf mit einer eigens formulierten Skontoklausel zur Verfügung, der schließlich bei der Beauftragung von vier bauausführenden Unternehmen Verwendung fand. Die Skontoklausel lautete: „Die Fa. J. gewährt ... ein Skonto von 3 % bei Zahlungen der durch die Bauleitung geprüften und angewiesenen Abschlagszahlungen bzw. Schlussrechnung innerhalb 10 Arbeitstagen nach Eingang bei der Bauherrschaft.“ Weil der Auftraggeber aufgrund der Unwirksamkeit der Skontoklausel am entsprechenden Einbehalt gehindert ist, machte er gegenüber dem Architekten Schadensersatz geltend.

Entscheidungsgründe

Der Bundesgerichtshof bejahte eine Haftung des Architekten, da dieser durch die Zurverfügungstellung der Skontoklausel eine verbotene Rechtsdienstleistung erbracht habe. Diese sei insbesondere auch nicht nach § 5 RDG erlaubt gewesen. Danach sind Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit erlaubt, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild gehören. Ob eine Nebenleistung vorliegt, ist nach ihrem Inhalt, Umfang und sachlichen Zusammenhang mit der Haupttätigkeit unter Berücksichtigung der Rechtskenntnisse zu beurteilen, die für die Haupttätigkeit erforderlich sind. Ziel dieser Regelungen ist es einerseits, diejenigen, die in einem nicht spezifisch rechtsdienstleistenden Beruf tätig sind, in ihrer Berufsausübung nicht zu behindern und andererseits, den erforderlichen Schutz der Rechtsuchenden vor unqualifiziertem Rechtsrat zu gewährleisten.

Der BGH verankerte das Berufsbild des Architekten in dessen Verpflichtung zur Erbringung der Leistungen, die erforderlich sind, um die vereinbarten Planungs- und Überwachungsziele zu erreichen. Die Zurverfügungstellung einer Skontoklausel übersteige dieses Berufsbild. Denn die Erfüllung einer solchen Pflicht erfordere qualifizierte Rechtskenntnisse, wie sie grundsätzlich nur in der Anwaltschaft vorhanden sind. Der Architekt werde auch nicht in seiner Berufsausübung behindert, da er die Planungs- und Überwachungsziele auch ohne Stellung einer Skontoklausel erreichen könne.

Praxishinweis

Begegnen dem Architekten im Rahmen seiner Rechnungsprüfung regelmäßig Skonti, zeigt die gegenständliche Entscheidung anschaulich dessen Zwiespalt zwischen erlaubter und verbotener Rechtsdienstleistung. Mit Blick auf das zumeist ungedeckte Haftungsrisiko ist für den Architekten daher existenziell, im Einzelfall zu hinterfragen, ob es sich um eine zu seinem Berufsbild gehörende Nebenleistung handelt. Ausgangspunkt dieser Einordnung ist stets, ob es sich noch um eine typischerweise mit der Verwirklichung von Planungs- und Überwachungszielen verbundene Aufgabe handelt.