23.08.2024 | Arbeitsrecht
Gemäß § 43 Abs. 1 GmbHG haben Geschäftsführer in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden. Den Geschäftsführer treffen hierbei umfangreiche Legalitäts-, Sorgfalts- und Überwachungs- sowie vermehrt auch Compliance-Pflichten. In der Praxis stehen verschiedene Instrumente zur Haftungsbeschränkung zur Verfügung, die bereits bei der Vertragsgestaltung genutzt werden können. Es kann hierbei zwischen vertraglichen und tatsächlichen Haftungsbeschränkungen unterschieden werden.
Vertraglich sind vielfältige Haftungsbeschränkungen möglich
In vertraglicher Hinsicht kann die Haftung des Geschäftsführers auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt werden. Der Verzicht auf eine Haftung wegen Vorsatzes ist hingegen nicht möglich. Denkbar ist (ergänzend oder alternativ) auch eine summenmäßige Beschränkung der Haftung auf einen Höchstbetrag oder beispielsweise bis zu drei Bruttomontagsgehälter.
Ergänzend kann die gem. § 43 Abs. 4 GmbHG geltende Verjährungsfrist von fünf Jahren verkürzt oder entsprechend kürzere Ausschlussfristen vereinbart werden. Üblich sind hier Zeiträume von drei bis sechs Monaten. Macht die Gesellschaft Ansprüche nicht innerhalb dieses Zeitraums geltend, verfällt der Anspruch, was eine erhebliche Haftungserleichterung für den Geschäftsführer darstellt.
Als weiteres Instrument kann die Anpassung der sonst geltenden Darlegungs- und Beweislast genutzt werden. Sofern die Gesellschaft Schadensersatzansprüche gegenüber dem Geschäftsführer geltend macht, muss dieser grundsätzlich entsprechend § 93 Abs. 2 S. 2 AktG darlegen und beweisen, dass er seinen Sorgfaltspflichten ordnungsgemäß nachgekommen oder ihn kein Verschulden trifft. Diesbezüglich können im Anstellungsvertrag Abweichungen zugunsten des Geschäftsführers vereinbart werden.
Grenzen vertraglicher Haftungsbeschränkungen
Als gesetzliche Grenze der Haftungsbeschränkung ist stets § 43 Abs. 3 GmbHG zu berücksichtigen, wonach eine Beschränkung der Haftung bei Verstößen gegen Kapitalerhaltungsvorschriften (§§ 30, 33 GmbHG) unzulässig ist. Entsprechend sind Geschäftsführer insbesondere dann zum Ersatz verpflichtet, wenn gesetzlichen Bestimmungen zuwider Zahlungen aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen der Gesellschaft gemacht eigene Geschäftsanteile der Gesellschaft erworben worden sind. Dies sollte vorsorglich in jeder Haftungsklausel resp. -vereinbarung festgehalten werden.
Abschluss von D&O-Versicherungen
Regelmäßig ist zudem der Abschluss einer Versicherung für „Directors and Officers“ („D&O-Versicherung“) empfehlenswert, die den Geschäftsführer gegen finanzielle Folgen einer – jedenfalls nicht vorsätzlichen – Pflichtverletzung absichert. Eine entsprechende D&O-Verschaffungsklausel kann in den Anstellungsvertrag oder eine Haftungsvereinbarung aufgenommen werden. Hierbei sollte darauf geachtet werden, dass die Deckungssumme der jeweiligen Unternehmenspraxis angemessen ist, was je nach Branche und potenziellen Schadensfällen variieren kann.
Ergänzend: Ressortzuständigkeit, Aufgabendelegation und Entlastung
Sinnvoll kann bei mehreren Geschäftsführern auch eine Aufgabenverteilung im Sinne einer eindeutigen Ressortzuständigkeit (Personal, Finanzen, Vertrieb etc.) sein. Hierdurch kann die Haftung der Geschäftsführer auf die ihnen zugewiesenen Bereiche beschränkt werden. Außerdem können Aufgaben auf bestimmte Mitarbeiter wie leitende Angestellte oder Beauftragte (u.a. Datenschutz- oder Sicherheitsbeauftragter) übertragen werden. Ressortaufteilung und Aufgabendelegation sind jedoch nicht uneingeschränkt zulässig. So können insbesondere bestimmte Kernaufgaben, wie die Insolvenzantragspflicht (§ 15a InsO) oder die Kapitalerhaltungsvorschriften (§§ 30, 33 GmbHG), nicht delegiert oder aufgeteilt werden. Zudem treffen den Geschäftsführer Auswahl-, Einweisungs- und Überwachungspflichten für seine Mitarbeiter, sodass es sich faktisch nur um eine Verantwortungsreduzierung und nicht um einen -ausschluss handelt.
Ein weiteres sinnvolles Instrument stellt die regelmäßige Verpflichtung zur Abstimmung über die Entlastung des Geschäftsführers dar. Durch die Entlastung billigt die Gesellschafterversammlung die Geschäftsführung für einen bestimmten zurückliegenden Zeitraum. Vertraglich kann beispielsweise die jährliche Verpflichtung zur Abstimmung über die Entlastung (z.B. nach Feststellung des Jahresabschlusses) oder eine Pflicht zur schriftlichen Begründung gegenüber dem Geschäftsführer für den Fall, dass die Entlastung verweigert wird, vorgesehen werden. Eine Pflicht der Gesellschafterversammlung, die Entlastung tatsächlich auch zu erteilen, ist vertraglich hingegen nicht regelbar.
Empfehlungen für die Praxis
Aufgrund der hohen Haftungsrisiken, die schnell existenzgefährdende Ausmaße annehmen können, können und sollten Haftungsbeschränkungen für Geschäftsführer stets erwogen werden. Hierbei sind vielfältige vertragliche sowie tatsächliche Haftungsbeschränkungen denkbar. Die Frage, welche Haftungsbeschränkungen im Einzelfall konkret vereinbart werden sollten, hängt von der Art, Größe und Struktur des jeweiligen Unternehmens ab. Jedenfalls dürften zu weitreichende Haftungsbeschränkungen falsche Anreize schaffen. Vielmehr sollten die vereinbarten Haftungserleichterungen resp. -begrenzungen das Ergebnis von Verhandlungen zwischen Unternehmen und Geschäftsführer sein und die unterschiedlichen Interessen jeweils angemessen berücksichtigen. Bei der Ausgestaltung sollten Unternehmen zwingend die Grenzen des § 43 Abs. 3 GmbH einhalten sowie mögliche Auswirkungen auf eine etwaig bereits bestehende oder zu schließende D&O-Versicherung berücksichtigen.
Gerne beraten wir Sie bei Bedarf hierzu.