Nach einem aktuellen Urteil des LAG Mecklenburg-Vorpommern (Urteil vom 28.09.23, Az. 5 Sa 15/23) kann ein Arbeitgeber von einem Arbeitnehmer keine Rückzahlung der Arbeitsvergütung verlangen, wenn der Arbeitnehmer die ihm übertragenen Aufgaben nicht vollständig erfüllt. Auch wenn die Arbeitsleistung im Homeoffice erbracht wird, trägt der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast für die Nichterbringung der Arbeitsleistung.
Der Fall
Die Arbeitnehmerin war in einer Tagespflegeeinrichtung beschäftigt. Von Dezember 2021 bis März 2023 verbrachte die Arbeitnehmerin vereinbarungsgemäß die Hälfte ihrer Arbeitszeit im Homeoffice. Während der Arbeitszeit im Homeoffice sollte die Arbeitnehmerin ein Qualitätshandbuch überarbeiten.
Nachdem die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis gekündigt hatte, verlangte sie von der Arbeitnehmerin die Vergütung für 300,75 Arbeitsstunden im Homeoffice in Höhe von insgesamt EUR 7.112,74 zurück.
Vor dem Arbeitsgericht begründete die Arbeitgeberin den Rückzahlungsanspruch damit, dass die Arbeitnehmerin für die im Homeoffice geleisteten Arbeitsstunden keine Arbeitsnachweise erbracht habe. Tatsächlich hatte die Klägerin bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses kein fertiges Qualitätshandbuch erstellt, sondern lediglich einzelne Word-Dokumente und Rückfragen per E-Mail versandt.
Die Entscheidung des LAG Mecklenburg-Vorpommern
Das LAG Mecklenburg-Vorpommern hat entschieden, dass die Arbeitnehmerin die Vergütung für die im Homeoffice geleistete Arbeitszeit nicht an die Arbeitgeberin zurückzahlen muss.
Zwar hat ein Arbeitnehmer grundsätzlich keinen Anspruch auf Arbeitsentgelt, wenn keine Arbeitsleistung erbracht wird („ohne Arbeit kein Lohn“), jedoch konnte die Arbeitgeberin im vorliegenden Fall die fehlende Arbeitsleistung nicht darlegen und beweisen.
Trotz der Tatsache, dass die Arbeitsleistung im Homeoffice erbracht wurde, legte das Gericht der Arbeitgeberin die volle Darlegungs- und Beweislast auf. Damit hat erstmals ein Landesarbeitsgericht entschieden, dass der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast auch für die fehlende Arbeitsleistung im Homeoffice trägt.
Das LAG Mecklenburg-Vorpommern war der Auffassung, dass die Arbeitgeberin die fehlende Arbeitsleistung nicht dargelegt und bewiesen habe. Schließlich habe die Arbeitnehmerin einige E-Mails aus dem Homeoffice versandt. Unerheblich sei, dass die Arbeitnehmerin das Qualitätshandbuch nicht vollständig überarbeitet habe. Denn ein Arbeitnehmer genügt seiner Leistungspflicht, wenn er unter angemessener Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit arbeitet.
Empfehlungen für Arbeitgeber
Besteht der Verdacht, dass ein Arbeitnehmer im Homeoffice nicht arbeitet, sollte der Arbeitgeber frühzeitig Beweise für die fehlende Arbeitsleistung sammeln. Dazu sollten dem Arbeitnehmer konkrete Arbeitsanweisungen gegeben werden, die vom Arbeitgeber engmaschig kontrolliert werden („Micromanaging“). Die Ergebnisse der Kontrolle der Arbeitsleistung können in einem Gerichtsverfahren die fehlende Arbeitsleistung darlegen und beweisen.
Widersetzt sich ein Arbeitnehmer einer Arbeitsanweisung, kann ihm nach vorheriger Abmahnung gekündigt werden. Sind die Arbeitsergebnisse dagegen qualitativ oder quantitativ unterdurchschnittlich, kommt eine Low-Performance-Kündigung in Betracht.
Low performance kann sowohl den Betrieb wirtschaftlich belasten als auch zur Unzufriedenheit innerhalb der Belegschaft beitragen. Hier stellt sich die Frage, welche Handlungsalternativen Arbeitgebern zustehen.