Aufatmen für Arbeitgeber: Während Urlaubsansprüche erst nach drei Jahren verjähren, wenn der Arbeitgeber seinen Mitwirkungsobliegenheiten nachkommt, verjähren Zahlungsansprüche aus offenen Urlaubstagen stets nach drei Jahren.
In Bezug auf die Frage, ob Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsansprüche verjähren können, hat das BAG mit zwei aktuellen Entscheidungen „Licht ins Dunkel“ gebracht.
Verjährung von Urlaubsansprüchen
Im Dezember 2022 hat das BAG entschieden, dass der gesetzliche Urlaubsanspruch im laufenden Arbeitsverhältnis grundsätzlich innerhalb von drei Jahren verjähren kann (BAG, Urt. v. 20.12.2022 - 9 AZR 266/20).
Die dreijährige Verjährungsfrist beginne jedoch erst am Ende des Kalenderjahres, in dem der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über seinen konkreten Urlaubsanspruch informiert und ihn im Hinblick auf Verfallfristen aufgefordert hat, den Urlaub tatsächlich zu nehmen. Ist der Arbeitgeber diesen Mitwirkungsobliegenheiten nicht nachgekommen, könne der offene Urlaubsanspruch - aus möglicherweise mehreren Vorjahren - weder nach § 7 Abs. 3 BUrlG verfallen noch nach § 195 BGB verjähren. Dies bedeutet, dass der Arbeitnehmer in diesem Fall unbegrenzt Urlaubsansprüche ansammeln kann und ihm bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein entsprechender Urlaubsabgeltungsanspruch zusteht.
Verjährung von Urlaubsabgeltungsansprüchen
In Bezug auf den Zahlungsanspruch aus offenen Urlaubstagen, der erst nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses entsteht, stellt sich die Rechtslage etwas anders dar:
Nach Ansicht des BAG unterliege der Urlaubsabgeltungsanspruch zwar auch der regelmäßigen Verjährung von drei Jahren (BAG, Urt. v. 31.01.2023 - 9 AZR 456/20).
Die dreijährige Verjährungsfrist beginne in diesem Fall allerdings in der Regel am Ende des Jahres, in dem das Arbeitsverhältnis endet, ohne dass es auf die Erfüllung der Mitwirkungsobliegenheiten ankomme. Die rechtliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses bilde eine Zäsur. Der Urlaubsabgeltungsanspruch sei anders als der Urlaubsanspruch nicht auf vergütete Freistellung von der Arbeitsverpflichtung zu Erholungszwecken gerichtet, sondern auf dessen finanzielle Kompensation beschränkt. Die strukturell schwächere Stellung des Arbeitnehmers, aus der die besondere Schutzbedürftigkeit des Arbeitnehmers bei der Inanspruchnahme von Urlaub abgeleitet werde, entfalle mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
Praxishinweis
Für Arbeitgeber bedeutet jedenfalls die Entscheidung in Bezug auf den Urlaubsabgeltungsanspruch ein Aufatmen: Arbeitnehmer können nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses nicht zeitlich unbegrenzt, sondern nur noch innerhalb von drei Jahren, Zahlungsansprüche aus offenen Urlaubstagen geltend machen.
Einem Ansammeln von unbegrenzten Urlaubsansprüchen während des laufenden Arbeitsverhältnisses kann der Arbeitgeber jedenfalls entgegenwirken, indem er seinen Mitwirkungsobliegenheiten jeweils zu Beginn eines jeden Jahres nachkommt (zu den Anforderungen siehe unseren Beitrag).
Zu beachten ist, dass die vorstehenden Grundsätze jeweils für den gesetzlichen Mindesturlaub nach dem BUrlG gelten. Für den vertraglichen Mehrurlaub gelten sie nur, sofern die Arbeitsvertragsparteien keine abweichende Vereinbarung getroffen haben. Arbeitgeber können daher hinsichtlich des vertraglichen Mehrurlaubs eigenständige Regelungen treffen, wonach bspw. ein Verfall unabhängig von den Mitwirkungsobliegenheiten des Arbeitgebers eintritt und eine Abgeltung ausgeschlossen wird.
Das nationale Urlaubsrecht hat ein bewegtes Jahr 2019 hinter sich: Infolge zahlreicher EuGH-Entscheidungen musste das BAG seine Rechtsprechung anpassen. Dies hat Auswirkungen auf Verfall, Abgeltung und Kürzungsmöglichkeiten des Urlaubsanspruchs.