22.03.2022 | Bau- und Immobilienrecht
A. Einleitung
Ein Bauvorhaben ist aufgrund der vielen Gewerke äußerst gefahren- und schadensanfällig. Potenzielle Schäden können durch unterschiedlichste Faktoren ausgelöst werden. Dies reicht von kleineren Unachtsamkeiten bis hin zu außergewöhnlichen Witterungseinflüssen, Bränden, Diebstahl oder Vandalismus. Nicht selten bleiben betroffene Baubeteiligte mit der berechtigten Frage zurück wer haftet. Ziel des nachfolgenden Beitrags soll daher sein, dem Leser einen Überblick über die wesentlichen Versicherungen beim Bau zu verschaffen, um bei einem eingetretenen Schaden oder einem eventuellen Bedarf zu sensibilisieren. Dabei wird aus Gründen der Übersicht zwischen den jeweiligen Baubeteiligten unterschieden.
I. Planer
Ein Planungsfehler kann bereits weit vor der eigentlichen Rohbauerstellung entstehen. Dessen finanzielle Tragweite zeigt sich dagegen häufig erst im Zuge der eigentlichen Bauausführung. Schutz in solchen Fällen bietet die in Bayern verpflichtende Berufshaftpflichtversicherung der am Bau freiberuflich tätig werdenden Architekten und Ingenieure. Denn sie versichert die Haftungsrisiken auf Grundlage der allgemeinen Versicherungsbedingungen (AHB) und der besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen (BBR), die sich aus der Wahrnehmung der eigenen Berufsaufgaben gegenüber Dritten ergeben. Dabei umfasst die Deckung nicht nur die Abwehr einer unberechtigten Inanspruchnahme des Versicherungsnehmers sondern auch die Befriedung berechtigter Ansprüche. Maßgeblich ist der Versicherungsumfang im Zeitpunkt des Planungsfehlers – etwa die Höhe der Deckungssumme oder Selbstbeteiligung. Nicht vom Versicherungsschutz gedeckt sind Erfüllungsschäden, also Schäden die in der nicht bzw. nicht ordnungsgemäßen Erfüllung vertraglicher Hauptleistungspflichten liegen. Versicherer verargumentieren diesen Ausschluss damit, dass es wegen des fehlenden Anreizes zum sorgfältigen Arbeiten nicht hinnehmbar wäre, wenn man einem Planer die vertraglich geschuldete Pflicht zur ordnungsgemäßen Hauptleistungserbringung abnähme. Vorsicht ist vor allem bei verspäteter Versicherungsprämienzahlung geboten. In der Regel werden Versicherungsprämien einmal jährlich entrichtet. Wird eine fällige Versicherungsprämie jedoch trotz Mahnung und darin gesetzter Zahlungsfrist nicht bezahlt, entfällt der Versicherungsschutz mit Ablauf der Zahlungsfrist und lebt erst wieder mit der neuerlichen Prämienzahlung auf – allerdings nicht für den bis dahin bestehenden versicherungsfreien Zeitraum. Ein Planer, der in diesem versicherungsfreien Zeitraum Pflichtverletzungen begeht, haftet für diese Verstöße daher selbst, denn der für den Versicherungsschutz maßgebliche Zeitpunkt ist nicht der Schadenseintritt, sondern das Setzen der Schadensursache.
II. Bauherrn
Bauherrn schöpfen beim Hausbau – insbesondere aufgrund der stark angestiegenen Grundstückspreise – häufig ihren gesamten finanziellen Rahmen aus und sparen an einer als verzichtbar empfundenen Versicherung. Dies ist gefährlich. Denn gerade beim Bau können Schäden rasch schmerzliche Höhen erreichen. Nachstehende elementare Versicherungspolicen sollten bei jedem Bauprojekt daher erwogen werden:
1. Bauleistungsversicherung mit ABN-Deckung
Von besonderer Bedeutung ist dabei die Bauleistungsversicherung mit ABN-Deckung („Allgemeine Bedingungen für die Bauleistungsversicherung durch Auftraggeber“), die das Bauherrnrisiko für Schäden aus unvorhersehbaren Ereignissen bis zur Fertigstellung des Rohbaus bei Gebäudeneubauten bzw. -umbauten versichert. Entstehen während der Bauzeit Schäden, etwa aufgrund von höherer Gewalt durch Hochwasser, Stürme oder Frost, greift der Versicherungsschutz. Zugleich gilt er bei Allgemeinschäden durch Vandalismus, Konstruktions- bzw. Materialfehler u. a. Man spricht insoweit von einer sog. Allgefahrendeckung für das sich im Entstehen befindliche Bauprojekt.
Die außerordentliche Bedeutung der Bauleistungsversicherung zeigt sich vor allem bei dem im Baugewerbe typischen Abschluss eines VOB/B-Vertrags: Gilt § 7 Abs. 1 VOB/B, hat ein Bauunternehmer auch bei Schäden durch unabwendbare Ereignisse einen Anspruch auf Vergütung des bisher Geleisteten. Ohne Abschluss einer Bauleistungsversicherung müsste ein Bauherr daher neben dem Werklohn auch für die eingetretenen Schadenssummen selbst aufkommen. Gegen eine im Verhältnis zum Bauprojekt überschaubare Versicherungsprämie sollten derartige Risiken unterbunden werden.
2. Bauherrnhaftpflichtversicherung mit AHB-Deckung
Ebenso sollte jeder Bauherr den Abschluss einer Bauherrnhaftpflichtversicherung mit AHB-Deckung in Betracht ziehen. Diese versichert Drittschäden, die aufgrund der Verletzung von Verkehrssicherungspflichten bei der Durchführung eigener Bauvorhaben entstehen. Besondere Bedeutung erlangt die Bauherrnhaftpflichtversicherung bei Schäden durch Nutzmaschinen oder der Senkung von Nachbargrundstücken. Vor allem in letzteren Fällen lohnt sich der Schutz, da typischerweise enorme Schäden und jahrelange Gerichtsprozesse bevorstehen.
3. Feuer- und Rohbauversicherung
Für viele Haus- und Grundbesitzer empfiehlt sich zudem der Abschluss einer Feuer- und Rohbauversicherung. Diese schützt den Bauherrn bei Bränden, Blitzschlag und Explosionen am entstehenden Haus und den auf dem Baugrundstück gelagerten Baustoffen. Wird für die Zeit nach der Fertigstellung des Baus eine Gebäudeversicherung beantragt, hat dies als Besonderheit zur Folge, dass die vorgelagerte, während der Bauphase andernfalls kostenpflichtige Feuer- und Rohbauversicherung beitragsfrei besteht, bevor sie sich mit dem Baufertigstellung automatisch in eine Feuer- und Rohbauversicherung umwandelt. Hier lässt sich bei Erweiterung des Versicherungsschutzes sogar „Geld sparen“.
III. Bauunternehmer
Auch ein Bauunternehmer sollte sich die eigenen Haftungsrisiken während der Bauphase vergegenwärtigen und präventiv vorsorgen.
1. Bauleistungsversicherung mit ABU-Deckung
Will er die eigene Rohbauleistung inklusive der Dacharbeiten bei Elementarschäden (Stürme, Frost, Hagel etc.) oder Allgefahren (Vandalismus, Diebstähle, Konstruktions- oder Materialfehlern u. a.) schützen, sollte er eine Bauleistungsversicherung mit ABU-Deckung („Allgemeine Bedingungen für die Bauleistungsversicherung von Unternehmerleistungen“) abschließen. Bedarfsgerecht lässt sich diese auch auf besonders gefahrenträchtige Einzelgewerke beschränken. Ebenfalls möglich ist es Feuer- oder Baugrundrisiken mitversichern zu lassen. Vor allem bei Großbauprojekten empfiehlt sich aufgrund des Ineinandergreifens vieler Gewerke eine solche Bauleistungsversicherung.
2. Betriebshaftpflichtversicherung
Schließlich sollte jedes Bauunternehmen auch über den Abschluss einer Betriebshaftpflichtversicherung nachdenken. Mit ihr werden die Schäden versichert, die im Zuge der Bauarbeiten üblicherweise entstehen können. Exemplarisch dafür sind Leitungsbeschädigungen, die mangelhafte Baustellensicherung oder Schäden an gemieteten bzw. durch eigene Arbeitsmaschinen. Auch bei der Betriebshaftpflichtversicherung sind Erfüllungsschäden nicht vom Versicherungsschutz gedeckt.
B. Fazit
Zusammenfassend bleibt damit festzuhalten:
Bei Planern stellt die Berufshaftpflichtversicherung die elementare Versicherung am Bau dar. Demgegenüber können Bauherrn und -unternehmer frei und flexibel zwischen verschiedenen Versicherungspolicen wählen, die sich individuell und bedarfsgerecht anpassen lassen. Dem Bauherrn stehen dabei vor allem die Bauleistungsversicherung mit ABN-Deckung, die Bauherrnhaftpflichtversicherung mit AHB-Deckung sowie die Feuer- und Rohbauversicherung (ggf. mit einer sich daran anschließenden Gebäudeversicherung) zur Auswahl, während ein Bauunternehmer den Abschluss einer Bauleistungsversicherung mit ABU-Deckung sowie denjenigen einer Betriebshaftpflichtversicherung erwägen sollte.
Sollten Sie bei Haftungsfragen unsicher sein und sich fragen, inwieweit und ob Versicherungsschutz überhaupt besteht, ist eine rechtliche Beratung ratsam. Wir stehen gerne für Sie zur Verfügung.