01.10.2021 | Arbeitsrecht
Was geschieht mit dem Urlaubsanspruch, wenn ein Arbeitnehmer sich während seines Urlaubes mit Corona infiziert und sich in Quarantäne begeben muss? Mit dieser Frage hat sich das ArbG Bonn kürzlich auseinandergesetzt (ArbG Bonn, Urt. v. 07.07.2021 - 2 Ca 504/21).
Worum ging es?
Die Klägerin infizierte sich während ihres Urlaubes mit dem Coronavirus. Sie wies jedoch keine Krankheitssymptome auf, ging nicht zum Arzt und legte der Beklagten keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vor. Aufgrund einer behördlichen Anordnung musste sie fünf Tage in Quarantäne. Die Parteien stritten in der Folge darüber, ob die Beklagte der Klägerin fünf Urlaubstage für den Zeitraum der Quarantäne nachgewähren muss.
Keine Nachgewährung der Urlaubstage
Das ArbG Bonn verneinte einen Anspruch der Klägerin auf Nachgewährung der fünf Urlaubstage. Aus § 9 BUrlG gehe deutlich hervor, dass allein die durch ein ärztliches Attest nachgewiesenen Tage der Arbeitsunfähigkeit nicht auf den Jahresurlaub anzurechnen sind. Es bestehe nur dann ein Anspruch auf erneute Gewährung von Urlaubstagen, wenn der Arbeitnehmer durch ein ärztliches Zeugnis seine Arbeitsunfähigkeit belegen kann. Diese Voraussetzung sei nicht erfüllt, weil die Klägerin kein ärztliches Attest vorgelegt hatte. Sie konnte zwar anhand der behördlichen Quarantäneanordnung belegen, dass sie an dem Coronavirus erkrankt war. Eine Beurteilung der Arbeitsfähigkeit ging damit jedoch nicht einher. Denn die Beurteilung, ob eine Erkrankung im Einzelfall aufgrund der Ausgestaltung des individuellen Arbeitsplatzes zu einer Arbeitsunfähigkeit führt, obliege allein einem Arzt. Nur dieser sei berechtigt, die Arbeitsfähigkeit eines Arbeitnehmers zu prüfen und zu bescheinigen.
Keine analoge Anwendung von § 9 BUrlG
Ein Anspruch auf Nachgewährung der Urlaubstage bestehe auch nicht aufgrund einer analogen Anwendung von § 9 BUrlG. Es liege bei einer Corona-Erkrankung und der daraus folgenden Quarantäne keine zu einer Arbeitsunfähigkeit i.S.d. § 9 BUrlG vergleichbare Sachlage vor. Die Corona-Erkrankung führe nicht zwingend zu einer Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers. Denn diese könne auch symptomlos verlaufen und demnach könne – je nach Arbeitsbedingungen – eine Arbeitsfähigkeit weiterhin gegeben sein.
Praxishinweis
Eine Corona-Infektion und eine damit verbundene Quarantäne sind nicht ohne Weiteres mit einer Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers gleichzusetzen.
Auf Arbeitgeberseite gilt daher weiterhin, dass Urlaubstage nur dann nachzugewähren sind, wenn der Arbeitnehmer während des Urlaubes krankgeschrieben ist und ein entsprechendes Attest vorlegt. Eine behördliche Quarantäneanordnung ersetzt dabei – nach bisheriger Rechtsprechung – kein ärztliches Attest. Zu beachten ist, dass die Entscheidung des ArbG Bonn noch nicht rechtskräftig ist. Die Berufung ist gesondert zugelassen. Das letzte Wort ist hier somit noch nicht gesprochen!