08.02.2021 | Arbeitsrecht
Von Dr. Henning Abraham (Partner, Rechtsanwalt) und Sophie-Luise Ninnemann (Wissenschaftliche Mitarbeiterin)
Zurzeit werden Impfungen gegen COVID-19 ausschließlich in Impfzentren bzw. durch mobile Impfteams angeboten. Wenn der Impfstoff in Zukunft auch über das Regelversorgungssystem erhältlich ist, stünde es aber auch Arbeitgebern frei, eine Impfung am Arbeitsplatz durch den Betriebsarzt anzubieten. Ein vergleichbares Angebot besteht in vielen Unternehmen bereits im Hinblick auf die jährlichen Grippeimpfungen.
Als Maßnahme der betrieblichen Gesundheitsförderung kann das Angebot von Impfungen am Arbeitsplatz nicht nur der Mitarbeiterbindung dienen, sondern auch dazu beitragen, krankheitsbedingte Ausfälle und Quarantänerisiken zu minimieren. Doch wer trägt die Kosten für solche Impfungen und birgt das Impfangebot Haftungsrisiken für den Arbeitgeber?
Kostentragung der Impfung
Ob für den Arbeitgeber die Pflicht besteht, die Kosten der im Betrieb angebotenen Impfung zu übernehmen, hängt davon ab, ob es sich um eine berufsbedingte Impfung handelt, auf die der Arbeitnehmer einen Anspruch hat. Dies trifft zu, wenn der Arbeitnehmer durch seine Tätigkeit einem im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt ist (§ 6 Abs. 2 S. 3 ArbMedVV), das durch den Betriebsarzt auf Grundlage einer Gefährdungsbeurteilung festgestellt wurde. Im Hinblick auf COVID-19 dürfte dies aufgrund der allgemeinen Pandemie-Lage regelmäßig nicht der Fall sein, soweit es sich nicht um eine Tätigkeit in einer besonders gefährdeten Berufsgruppe, wie dem Medizin- oder Pflegesektor, handelt. Gleiches gilt für die "gewöhnliche" Grippe. Im Regelfall wird also keine Kostentragungspflicht des Arbeitgebers bestehen.
Häufig wird eine Impfung am Arbeitsplatz sogar möglich sein, ohne dass für den Arbeitnehmer oder Arbeitgeber Kosten entstehen. Impfungen gemäß der Schutzimpfungsrichtlinie zählen nämlich zu den Leistungen der gesetzlichen Krankenkasse (§ 20i SGB V). Zwar nehmen Betriebsärzte und Arbeitsmediziner meist nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teil, sodass durch sie erbrachte Leistungen nicht über die Krankenkassen abgerechnet werden können. Zur Erhöhung der Impfquote ist jedoch gesetzlich festgelegt, dass Krankenkassen auch mit ihnen Verträge über die Durchführung von Schutzimpfungen abschließen sollen (§ 132e SGB V). Wurde ein solcher Vertrag abgeschlossen trägt die Krankenkasse auch die Kosten für im Betrieb durchgeführte Impfungen. Der Arbeitgeber kann die Impfung mithin kostenfrei in seinem Unternehmen anbieten.
Und selbst, wenn ein solcher Vertrag mit dem zuständigen Betriebsarzt nicht abgeschlossen wurde und sich der Arbeitgeber gleichwohl entschließt die Impfung im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsvorsorge für seine Mitarbeiter kostenfrei anzubieten, ist zu beachten, dass ein solches Angebot steuerlich unterstützt wird. Denn Leistungen der Gesundheitsvorsorge sind bis zu einem Wert von 500 Euro pro Mitarbeiter pro Jahr zumindest lohnsteuer- und damit auch sozialversicherungsfrei.
Haftung für Impfschäden
Eine Haftung für gegebenenfalls auftretende Impfschäden hat der Arbeitgeber regelmäßig nicht zu befürchten. Der Arbeitgeber ist lediglich dazu verpflichtet den Impfarzt sorgfältig auszuwählen (§ 241 II BGB). Ist er dieser Pflicht nachgekommen, treffen ihn aber weder Überwachungspflichten hinsichtlich der Durchführung der Impfung noch muss er sich etwaige Pflichtverletzungen des Impfarztes, z.B. im Hinblick auf Aufklärungspflichten, zurechnen lassen. Der Behandlungsvertrag kommt regelmäßig zwischen Arbeitnehmer und Impfarzt zustande und nicht zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, selbst wenn die Impfung in den Räumlichkeiten des Unternehmens durchgeführt wird. Etwas anderes kann sich allerdings ergeben, wenn das Impfangebot dahingehend auszulegen ist, dass der Arbeitgeber Vertragspartner werden möchte. Folglich sollte das Impfangebot sorgfältig formuliert und am besten direkt durch den zuständigen Arzt ausgesprochen werden.
Darüber hinaus stellt ein erlittener Impfschaden im Regelfall auch keinen entschädigungspflichtigen Arbeitsunfall dar (§ 8 SGB VII). Eine Bejahung des ursächlichen Zusammenhangs wäre lediglich dann möglich, wenn die mit der Tätigkeit verbundene Gefährdung eine entsprechende Impfung über die allgemeine Gesundheitsfürsorge hinaus erforderlich macht. Dies ist aus bereits genannten Gründen regelmäßig weder bei COVID-19 noch bei der Grippe anzunehmen.
Blick in die Zukunft
Sollte der Corona-Impfstoff in Zukunft frei erhältlich sein, ist es für Arbeitgeber durchaus reizvoll, eine Impfung in ihrem Unternehmen zu ermöglichen. Während die Impfung in der Regel kostenfrei angeboten werden kann und die Risiken überschaubar sind, stellt das Angebot nicht nur eine Verbesserung des betrieblichen Gesundheitsschutzes dar, sondern trägt auch dem Interesse des Arbeitgebers an einer „durchgeimpften“ Belegschaft Rechnung. Dennoch gilt auch hier, dass auf eine rechtlich saubere Kommunikation zu achten ist.