07.01.2021 | IP-Recht
Wirkungen des Brexit-Abkommens
Eine Unionsmarke bzw. ein Gemeinschaftsgeschmacksmuster (zusammengefasst „Schutzrecht“) bietet Schutz in sämtlichen Mitgliedsstaaten der EU. Nach Vollzug des Brexits gilt das Vereinigte Königreich als „Drittland“ außerhalb der EU, sodass eine Unionsmarke bzw. ein Gemeinschaftsgeschmacksmuster dort keinen direkten Schutz mehr bieten.
Das Brexit-Abkommen hat auf die bereits zuvor bestandene Rechtslage zum Schutz der Marken- und Designrechte keine größeren Auswirkungen. Zwar sieht das Abkommen in u.a. 57 Artikeln zum Geistigen Eigentum verschiedene Regelungen vor, kurzfristige Änderungen in Bezug auf die Anmeldung, Registrierung und Durchsetzung von Marken- und Designrechten sind dort nicht enthalten.
Was bedeutet das für Sie bzw. Ihr Schutzrecht?
- Wenn Sie Inhaber eines bis zum 31. Dezember 2020 eingetragenen Schutzrechts sind, wird das britische Amt für Geistiges Eigentum (UKIPO) einen sog. „vergleichbaren Schutz“ gewährleisten. Konkret: Das UKIPO trägt einen „Klon“ des Schutzrechts als nationales Recht im Vereinigten Königreich ein. Für dieses Schutzrecht gilt zunächst die Schutzdauer der Unionsmarke bzw. des Gemeinschaftsgeschmacksmusters fort. Die Rechte nach einer möglichen Verlängerung der Schutzdauer richten sich dann nach nationalem Recht im Vereinigten Königreich. Ab Ende des Jahres 2023 müssen für diese „Klone“ ggf. Ansprechpartner im Vereinigten Königreich benannt werden (z.B. eine in Großbritannien ansässige Rechtsanwaltskanzlei).
- Wenn Sie bis zum 31. Dezember 2020 ein Schutzrecht beim EUIPO angemeldet haben, das noch nicht eingetragen ist, können Sie gegen Zahlung bestimmter Amtsgebühren ein nationales Recht beim UKIPO anmelden. Wird diese Anmeldung spätestens bis zum 30. September 2021 vorgenommen, können Sie für das Schutzrecht ggf. die frühere Priorität der Unionsmarke in Anspruch nehmen. Für den Antrag ist die Hinzuziehung eines britischen Vertreters erforderlich (üblicherweise einer UK-Rechtsanwaltskanzlei).
- Unionsmarken und Gemeinschaftsgeschmacksmuster, die Sie nach dem 1. Januar 2021 anmelden möchten, gelten als reine Schutzrechte in den „EU27-Staaten“ ohne das Vereinigte Königreich. Wer Schutz auch im Vereinigten Königreich erhalten möchte, muss dort – wie in jedem anderen Drittland – ein eigenes nationales Recht anmelden. Auch hier muss ein Ansprechpartner im Vereinigten Königreich benannt werden (also üblicherweise einer UK-Rechtsanwaltskanzlei).
- Wenn Sie Lizenz- und/oder Abgrenzungsvereinbarungen (Koexistenzvereinbarungen) geschlossen haben, sollten Sie prüfen, ob diese auch das Gebiet des Vereinigten Königreichs abdecken. Häufig findet sich in diesen Vereinbarungen eine Formulierung ähnlich wie „mit Wirkung für die Europäische Union“. Hier sollte ggf. über eine Ergänzungsvereinbarung klargestellt werden, dass das Vereinigte Königreich erfasst ist.
Relevanz hat der Brexit bspw. auch auf
- laufende Widerspruchs- und Löschungsverfahren,
- Internationale Registrierungen über die WIPO und
- die Durchsetzung von Verbotstiteln,
soweit diese sich auf das Vereinigte Königreich erstrecken (sollen).
Was sollten Sie jetzt im Hinblick auf Ihre Markenrechte und Designs tun?
Bei noch nicht abschließend eingetragenen Anmeldungen sowie gänzlich neuen Anmeldungen von Unionsmarken und Gemeinschaftsgeschmacksmustern sollten Schutzrechtsinhaber überlegen, ob Sie den Schutz Ihrer Rechte auf Großbritannien erweitern möchten.
In vielen Fällen bedarf es zukünftig eines Ansprechpartners mit Sitz in Großbritannien, über den die Korrespondenz des Amtes geführt wird. LUTZ | ABEL arbeitet insoweit mit ausgewählten britischen Kanzleien zusammen.
Sofern Lizenz- und Abgrenzungsvereinbarungen auch im Vereinigten Königreich gelten sollen, ist bei diesen zu prüfen, ob ggf. eine Ergänzungsvereinbarung erforderlich ist.