23.10.2020 | Bau- und Immobilienrecht
Warum ist die Anwendung einer Lean Construction Methodik vertraglich zu vereinbaren?
Zu den innovativen Alternativen in der Baubranche gehört Lean Construction (LC), ein Konzept Insbesondere zur Minimierung von Material-, Zeit- und Arbeitsaufwand zur Erreichung der größtmöglichen Wertschöpfung.
Zur Standardisierung von Lean Construction hat der Verein Deutscher Ingenieure (VDI) ein entsprechendes Regelwerk herausgebracht, die VDI 2553. Diese ermöglicht es, Bauherren oder Generalunternehmern als Auftraggeber mit ihren Auftragnehmern zu vereinbaren, mit welchen LC-Methoden und in welcher Umsetzungsform das jeweilige Projekt realisiert werden soll.
Die in der VDI 2553 definierten Methodenblätter beschreiben die jeweilige Vorgehensweise, sie enthalten jedoch insbesondere keine Angaben über die Detailumsetzung einer Methodik – einschließlich beispielsweise der Teilnahme an Regelbesprechungen sowie deren Vergütung. Es wird deutlich, dass die erfolgreiche Umsetzung einer solchen Vereinbarung daher rechtssicher nur gelingt, wenn die Methodenanwendung in einem entsprechenden Vertragszusatz geregelt ist.
Wie kann eine vertragliche Vereinbarung der Lean Construction Methodik festgelegt werden?
Regelwerke innerhalb von Projekten motivieren alle Parteien zum Mitwirken am Gesamtprojekterfolg sowie zur Erfüllung ihrer Pflichten. Darüber hinaus stellen sie die Vorgehensweise bei Verstößen oder Zuwiderhandlungen dar. Auch innerhalb von Building-Information-Modelling (BIM) wurde erkannt, dass es notwendig ist, die Anforderungen an das jeweilige Projekt zu definieren. Bei BIM erfolgt dies innerhalb der Auftraggeber-Informations-Anforderungen (AIA) und durch den BIM-Abwicklungs-Plan (BAP), deren Strukturen standardisiert vorgeben, wie und was im Projekt umzusetzen ist. AIA und BAP werden dabei dem Planungs- bzw. Bauvertrag beigefügt und durch Besondere Vertragsbedingungen (BVB) ergänzt.
Eine vertragliche Implementierung von LC-Ansätzen eignet sich allerdings weder im Bauvertrag noch im Leistungsverzeichnis, da die Verklausulierung oder die spezifischen Positionen den Bauvertrag überproportional aufblähen und ggf. verteuern würden. Stattdessen empfiehlt es sich, die vertragliche Umsetzung von LC-Methoden in einer gesonderten Vertragsanlage zu regeln. Diese Anlage ist allen Beteiligten, die in der Methodik arbeiten sollen, verbindlich vorzugeben. Solche Vertragszusätze unterscheiden sich, je nachdem, ob z.B. ein Taktplanungs-Taktsteuerungsansatz oder die Letzte-Planer-Methode implementiert werden soll, und sind den spezifischen Projektgegebenheiten anzupassen.
Die Auftraggeber-Lean-Construction-Anforderungen (ALCA) als Mittel der vertraglichen Verankerung
In Analogie zu BIM und den AIA bieten sich für Lean Construction die sogenannten Auftraggeber-Lean-Construction-Anforderungen (ALCA) an. Diese sind in einen inhaltlichen und rechtlichen Teil untergliedert, wobei der rechtliche Teil als Besondere Vertragsbedingungen für Lean Construction (LC-BVB) bezeichnet werden kann. Es ist vorgesehen, dass das Gesamtdokument dem Vertrag als Bestandteil beigefügt wird. Dabei sei erwähnt, dass die vertragliche Festlegung von LC-Elementen durch ALCA und LC-BVB nicht in Diskrepanz zu Projekten nach IPA (Integrierter Projektabwicklung) steht, sondern diese ergänzt.
Um also Ausschreibungs- und Vergabeprozesse von LC-Ansätzen für Bauherren und Generalunternehmer zu vereinfachen und zu standardisieren, haben Ulrich Eix und Prof. Dr. Alexander Lange auf Basis der VDI-Richtlinie 2553 die ALCA/LC-BVB-Kombination als ersten angebotenen Standard-Vertragszusatz entwickelt. Die Zielsetzung besteht darin, eine bessere Qualität in der Lean-Anwendung sowie höhere Vergleichbarkeit der Angebote zu erreichen und eindeutige vertragliche Vereinbarungen zur Anwendung der Methodik zu treffen. Dies bildet die Voraussetzung dafür, Streitigkeiten aufgrund unterschiedlicher Erwartungen zu reduzieren und ein effizientes Miteinander zu gewährleisten.
Ansprechpartner:
Prof. Dr.-Ing. Alexander Lange
Kursleitung der Lean Construction Akademie Deutschland GmbH, Vorsitzender der VDI 2553 Arbeitsgruppe zu Lean Construction, Professor im Baubetrieb, Hochschule Karlsruhe Wirtschaft und Technik, Partner und Berater in der FC-Gruppe (Sparte: FC-Beratung GmbH).
Kontakt: a.lange@lc-akademie.de
Ulrich Eix, Rechtsanwalt
Partner bei LUTZ | ABEL Rechtsanwalts PartG mbB, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht.
Ulrich Eix berät im gesamten Bau-, Architekten- und Ingenieurrecht. Er ist auf Projektstrukturierung, Vertragsgestaltung und projektbegleitende Rechtsberatung spezialisiert und lehrt zu innovativen Projektmethoden wie Building Information Modelling, Lean Construction und Integrierte Projektabwicklung, unter anderem für die Lean Construction Akademie Deutschland GmbH und regelmäßig an der Hochschule für Technik Stuttgart.
Kontakt: eix@lutzabel.com
Annkathrin Egerer-Tratt
Rechtsanwältin bei LUTZ | ABEL Rechtsanwalts PartG mbB. Annkathrin Egerer-Tratt berät im gesamten Bau-, Architekten- und Immobilienrecht Bauherrn aus Industrie und Verwaltung, Bauträger sowie namhafte Planungsbüros.
Kontakt: egerer-tratt@lutzabel.com
Über die LC- Akademie Deutschland
Die Lean Construction Akademie Deutschland GmbH ist der erste anerkannte Schulungspartner des VDIs zum Thema einer zertifizierten Lean Construction Expertenausbildung nach VDI 2553 in Deutschland. Als unabhängige Institution bietet die Akademie auch die genannten Vertragszusätze an. Weitere Informationen unter www.lc-akademie.de