04.05.2020 | Bau- und Immobilienrecht
Der Einbruch könnte sich hier aber auch nur verzögern. Denn ein Auftragnehmer im Baugewerbe ist vorleistungspflichtig. Das heißt, dass er im Grundsatz erst dann seine Vergütung erhält, wenn er seine Leistung vollständig erbracht hat. Stellt sich heraus, dass der Auftraggeber zahlungsunfähig ist, hat der Auftragnehmer bereits viel Zeit und Geld verbraucht. Fällt der Auftraggeber in die Insolvenz, sind seine Gläubiger - häufig Banken - in der Regel durch Grundpfandrechte gesichert. Soweit der Auftragnehmer dann noch etwas aus der Insolvenzmasse erhält, spiegelt dies meist nur einen Bruchteil dessen wider, was an Arbeit geleistet und an Vergütung geschuldet war. An der durch seine Leistung herbeigeführten Wertsteigerung des Grundstücks profitiert er dann nicht. Hieraus ergibt sich ein besonderes Sicherungsbedürfnis, dem der Gesetzgeber durch verschiedene Regelungen Rechnung getragen hat. Erforderlich ist hier aber ein Tätigwerden des Auftragnehmers selbst, denn die meisten Sicherungsmittel greifen nicht von allein.
Ein Weg, den Vergütungsanspruch zu sichern, ist die Bauhandwerkersicherung gem. § 650f BGB (früher: § 648a BGB). Hiernach kann der Auftragnehmer „Sicherheit für die auch in Zusatzaufträgen vereinbarte und noch nicht gezahlte Vergütung einschließlich dazugehöriger Nebenforderungen (…) verlangen“. Verträge, die vor der Neufassung am 01.01.2018 abgeschlossen wurden, unterliegen noch dem alten Recht (§ 648a a.F.). Dargestellt wird aber nur die Rechtslage ab dem 01.01.2018 (§ 650f BGB), sodass nicht alles, was im Folgenden dargestellt wird auch für Altverträge gilt.
Aus § 650f BGB geht ein klagbarer Anspruch auf Sicherheitsleistung hervor. Sollte dem berechtigten Verlangen nicht entsprochen werden, hat der Auftragnehmer auch seine Leistung einzustellen oder auch den Vertrag zu kündigen. Der Auftragnehmer hat hier ein scharfes Schwert zur Hand. Bevor diese Maßnahmen aber ergriffen werden, ist die Berechtigung des Sicherheitsverlangens gründlich zu prüfen. Denn liegen die Voraussetzungen nicht vor, stehen dem Auftraggeber sehr wahrscheinlich selbst ein Kündigungsrecht und Schadensersatzansprüche zu.
I. Anspruchsberechtigter
Anspruchsberechtigt ist der Unternehmer. Gemeint ist hiermit - seit der Neufassung - jeder Unternehmer eines Bauvertrags (§ 650a BGB), eines Architekten- und Ingenieurvertrags (§ 650q Abs.1 BGB) und eines Bauträgervertrags (§ 650u BGB).
II. Verpflichteter
Verpflichteter ist jeder Besteller (Auftraggeber). Ausgenommen werden hiervon aber ausdrücklich Verbraucher, wenn es sich um einen Verbraucherbauvertrag oder Bauträgervertrag handelt, juristische Personen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtliches Sondervermögen, über dessen Vermögen ein Insolvenzverfahren unzulässig ist.
Das bedeutet nicht, dass jeder Verbraucher ausgenommen ist. Auch ist nicht jede Gesellschaft ausgeschlossen, deren Anteile ganz oder zum Teil von juristischen Personen des öffentlichen Rechts gehalten werden.
III. Sicherheit
Sicherheit kann für die Vergütung, einschließlich Nachträge, verlangt werden. Dies in Höhe der noch ausstehenden Vergütung zzgl. 10% für Nebenforderungen.
Hiervon muss der Auftragnehmer auch grundsätzlich keine Abzüge befürchten, denn
- Nacherfüllungsansprüche des Auftraggebers werden nicht anspruchsmindernd berücksichtigt,
- Zahlungsansprüche des Auftraggebers grundsätzlich nur, wenn sie unstreitig oder rechtskräftig festgestellt sind und
- geleistete Abschlagszahlungen sind nur abzuziehen, soweit keine Vorauszahlungsbürgschaft besteht.
Welche Sicherheit der Auftraggeber leisten muss, ist nicht geregelt. In Betracht kommen, neben anderen, vor allem Bürgschaft und Bankgarantie. Die Kosten der Sicherheit hat der Auftragnehmer dem Auftraggeber bis zu einem Höchstsatz von 2% p.a, zu erstatten.
In Anspruch genommen werden kann die Sicherheit ab Abschluss des Bauvertrages mindestens 3 Jahre. Abnahme oder Kündigung steht dem Sicherungsverlangen nicht entgegen.
IV. Rechtsfolge
Liegen alle notwendigen Voraussetzungen vor und wurde die Sicherheit auf das Verlangen des Auftragnehmers hin nicht gestellt, kann der Auftragnehmer die Sicherheit einklagen. Setzt er dem Auftraggeber eine angemessene Frist, kann er seine Leistung zudem einstellen, ohne dass dem Auftraggeber ein Recht zur Ersatzvornahme entsteht. Auch die Kündigung und Abrechnung des Vertrags ist möglich.
V. Fazit
Dem Auftragnehmer steht mit der Bauhandwerkersicherheit ein Werkzeug zur Verfügung, mit dem er seine Vergütung sichern kann. Wertvolle Ressourcen können so auf die abgesicherten Projekte konzentriert werden. Vor allem das Leistungsverweigerungsrecht schützt den Auftragnehmer davor, Leistung ohne Gegenleistung erbringen zu müssen. Dieses Werkzeug muss aber frühzeitig aktiv genutzt werden. Sobald sich die Zahlungsunfähigkeit des Auftraggebers abzeichnet, ist es meist zu spät. Das Sicherungsverlangen ist zudem kein zur Schau gestelltes Misstrauen gegenüber dem Auftraggeber, sondern eine nachvollziehbare Absicherung für die Zukunft des Auftragnehmers.
Die kürze der Darstellung bedingt es, dass viele Einzelheiten außen vor bleiben mussten. Eine juristische Beratung bleibt für jeden Einzelfall notwendig. Gerne bieten wir Ihnen unsere Hilfe an und klären Sie auch über andere Sicherungsmöglichkeiten auf.