30.04.2020 | Bau- und Immobilienrecht
Um der Ausbreitung des Coronavirus weiter entgegenzuwirken und neue Infektionsherde weitestgehend zu vermeiden, haben die Innen- und Gesundheitsministerien von Bund und Ländern am 8. April 2020 eine Musterverordnung zu Quarantänemaßnahmen für Ein- und Rückreisende zur Bekämpfung des Coronavirus erarbeitet.
Ausgangsbasis
Nach dieser Verordnung müssen alle Personen, die aus einem Staat außerhalb der Bundesrepublik Deutschland einreisen, sich auf direktem Weg in die eigene Häuslichkeit oder in eine andere geeignete Unterkunft begeben und für einen Zeitraum von 14 Tage in häuslicher Quarantäne bleiben.
Außerdem sind die Betroffenen nach der Verordnung verpflichtet, unverzüglich und eigenverantwortlich die für sie zuständige Behörde zu kontaktieren und über das Vorliegen der Quarantäneverpflichtung zu informieren. Gemäß dem § 2 der Verordnung dürfen Personen, die ihren festen Wohnsitz außerhalb des Geltungsbereiches der Einreisequarantäneverordnung haben, keine berufliche Tätigkeit ausüben. Von diesen massiven Beschränkungen sieht die Muster-Verordnung Ausnahmetatbestände vor.
Auswirkungen auf Auftragnehmer
Dass die Einreisequarantäneverordnung damit allerdings auch erhebliche Auswirkungen auf die Bauwirtschaft haben kann, offenbart sich schon beim ersten Lesen. Was nämlich ist, wenn sich die eigenen Arbeiternehmer, die keinen festen Wohnsitz in Deutschland haben, dazu entschließen über die Pfingstferien zu Ihren Familien nach Polen, Österreich, Italien oder in die Balkanstaaten zu verreisen? Was geschieht bei der Rückreise und was muss danach beachtet werden? Ist eine Behinderungsanzeige sinnvoll? Kann mein Mitarbeiter doch arbeiten und inwieweit sind Lieferketten von der Einreisequarantäneverordnung betroffen? Welche Ausnahmen lässt die Verordnung zu?
Diese und weitere Fragen lassen sich kaum einheitlich beantworten. Das liegt allerdings nicht nur daran, dass es bisher kaum bekannte Präzedenzfälle gibt, sondern auch daran, dass jedes Bundesland in Deutschland seine eigene Einreisequarantäneverordnung erlassen hat.
16 Landes-Einreisequarantäneverordnungen
Die vorerwähnte Musterverordnung stellt eine gemeinsame Empfehlung für alle Bundesländer dar, die eine Verordnung erlassen wollen und soll gewährleisten, dass bundesweit möglichst einheitliche Regelungen gelten. Die Musterverordnung finden Sie hier.
Von der Option, Einreisequarantäneverordnungen zu erlassen, haben alle Bundesländer Gebrauch gemacht. Die Ersteller der Musterverordnung haben es dabei den jeweiligen Landesregierungen überlassen, Abweichungen und Ergänzungen im Vergleich zur Musterverordnung vorzunehmen. Obgleich sich die Einreisequarantäneverordnungen der jeweiligen Bundesländer auf den ersten Blick ähneln, weichen sie in entscheidenden Punkten voneinander ab.
Die Unterschiede im Vergleich der einzelnen Landesverordnungen betreffen hierbei im Wesentlichen die Regelungen
- zum Tätigkeitsverbot
- zur Definition des Pendlerverkehrs
- und zum Zeitraum des möglichen vorübergehenden Auslandsaufenthaltes
Diese Unterschiede stellen wir in folgender Übersicht zusammen:
| Tätigkeitsverbot während des Quarantänezeitraums für Personen mit Wohnsitz außerhalb des jeweiligen Bundeslandes | Ausnahme: Pendlerverkehr wegen zwingend notwendiger und unaufschiebbarer Gründe | Ausnahme: Rückreise nach kurzzeitigem Auslandsaufenthalt |
Vorschlag der Muster-VO | Ja | Aufenthalt täglich oder bis max. 5 Tage | max. 48 Stunden |
Baden-Württemberg | Ja | Aufenthalt täglich oder bis max. 5 Tage | max. 48 Stunden |
Bayern | nein | Keine Anknüpfung an einen Zeitraum | max. 48 Stunden |
Berlin | nein | Aufenthalt regelmäßig oder bis max. 5 Tage | max. 48 Stunden |
Brandenburg | nein | Aufenthalt regelmäßig (ohne konkreten Zeitbezug) | max. 48 Stunden |
Bremen | nein | Aufenthalt täglich oder bis max. 5 Tage | max. 48 Stunden |
Hamburg | nein | Aufenthalt täglich oder bis max. 5 Tage | max. 48 Stunden |
Hessen | nein | Aufenthalt täglich oder bis zu 72 Stunden | max. 48 Stunden |
Mecklenburg-Vorpommern | nein | Aufenthalt regelmäßig (ohne konkreten Zeitbezug) | max. 48 Stunden |
Niedersachsen | - OVG Niedersachsen setzt Verordnung in Niedersachsen außer Vollzug. - | - OVG Niedersachsen setzt Verordnung in Niedersachsen außer Vollzug. - | - OVG Niedersachsen setzt Verordnung in Niedersachsen außer Vollzug. - |
Nordrhein-Westfalen | nein | Aufenthalt täglich oder bis max. 5 Tage | max. 72 Stunden |
Rheinland-Pfalz | nein | Aufenthalt täglich oder bis max. 5 Tage | max. 72 Stunden |
Saarland | nein | Aufenthalt täglich oder bis max. 5 Tage | max. 72 Stunden |
Sachsen | ja | Aufenthalt regelmäßig oder für einen begrenzten Zeitraum | max. 48 Stunden |
Sachsen-Anhalt | nein | Aufenthalt täglich oder bis max. 5 Tage | max. 48 Stunden |
Schleswig-Holstein | ja | Aufenthalt täglich oder bis max. 5 Tage | max. 48 Stunden |
Thüringen | ja | Aufenthalt täglich oder bis max. 5 Tage | max. 48 Stunden |
Bußgelder und Geltungsdauer
In jedem Fall lohnt es sich, sich eingehend mit den Bestimmungen der jeweiligen Verordnung auseinanderzusetzen und sich hierzu individuell beraten zu lassen. Insbesondere die Ausnahmetatbestände bergen Chancen aber auch Gefahren. Hierbei ist es wichtig zu wissen, dass jede Verordnung von einem Bußgeldkatalog flankiert wird. Im Falle einer Zuwiderhandlung gegen die Maßgaben der jeweiligen Verordnung drohen Bußgelder bis zu EUR 25.000,00.
Hierüber, über die jeweiligen Geltungsdauern sowie hinsichtlich der einleitend gestellten sowie der nicht aufgelisteten Fragen, informiert und berät Sie unsere Praxisgruppe Real Estate jederzeit gerne.
Am Beispiel der am 9. April 2020 in Kraft getretenen Einreisequarantäneverordnung des Landes Bayern haben wir die grundsätzlichen Bestimmungen sowie ihre Ausnahmetatbestände bereits einmal genauer beleuchtet.
Den Artikel "Update zur Einreise-Quarantäneverordnung Bayern" finden sie hier.