26.03.2020 | Kartellrecht
Die EU-Kommission hat kürzlich zwei Darlehensprogramme genehmigt, mit denen die deutsche Bundesregierung Unternehmen, die infolge der Corona-Krise (nach dem 31. Dezember 2019) in wirtschaftliche Schieflage geraten sind, „unbegrenzte“ Liquidität in Form vergünstigter Darlehen bereitstellen will (Az.: SA.56714). Die Maßnahmen sollen von der Kreditanstalt für Wiederaufbau („KfW“) umgesetzt werden.
Im Einzelnen handelt es sich um folgende Unterstützungsmaßnahmen:
Darlehensprogramm A:
- Abdeckung von bis zu 90 % des Risikos für Darlehen an Unternehmen jeder Größe.
- Die Darlehen können eine Laufzeit von 5 Jahren haben.
- Je nach Liquiditätsbedarf des Unternehmens dürfen die Darlehen bis zu 1 Mrd. Euro betragen.
Darlehensprogramm B:
- Bereitstellung von Konsortialkrediten durch die KfW in Zusammenarbeit mit Privatbanken.
- Bei diesem Programm kann das staatlich gedeckte Risiko bis zu 80 % eines Darlehens betragen (allerdings nicht mehr als 50 % des gesamten Fremdkapitals eines Unternehmens).
Hintergrund: Befristeter Beihilferahmen der EU-Kommission
Die von Deutschland angemeldeten Darlehensprogramme wurden auf der Grundlage des von der Kommission erst am 19. März 2020 erlassenen Befristeten Rahmens für staatliche Beihilfen zur Stützung der Wirtschaft angesichts des derzeitigen Ausbruchs von COVID-19 („EU-Beihilferahmen“) genehmigt.
Da der EU-Beihilferahmen nicht unmittelbar in den Mitgliedstaaten anwendbar ist, müssen die EU-Mitgliedstaaten bei Bedarf auf dessen Grundlage nationale Beihilferegelungen erlassen, die dann die Rechtsgrundlage für die Unterstützung bilden. Hiervon hat Deutschland nunmehr in Rekordgeschwindigkeit Gebrauch gemacht. Der EU-Beihilferahmen wird bis Ende Dezember 2020 in Kraft sein. Die EU-Kommission wird vor Ablauf dieser Frist prüfen, ob eine Verlängerung erforderlich ist.
In dem EU-Beihilferahmen sind fünf Arten von Beihilfen vorgesehen:
- Direkte Zuschüsse, selektive Steuervorteile und Vorauszahlungen in Höhe von bis 800.000,- Euro pro Unternehmen zur Deckung des dringenden Liquiditätsbedarfs.
- Staatliche Garantien für Bankdarlehen an Unternehmen, damit die Banken ihren Firmenkunden mit Liquiditätsbedarf weiterhin Kredite gewähren können, um zur Deckung des unmittelbaren Betriebs- und Investitionsmittelbedarfs beizutragen.
- Gewährung von zinsgünstigen öffentlichen Darlehen durch die EU-Mitgliedstaaten zur Deckung des unmittelbaren Betriebs- und Investitionsmittelbedarfs der Unternehmen.
- Schutzmaßnahmen für Banken, die staatliche Beihilfen an die Realwirtschaft weiterleiten: Da einige EU-Mitgliedstaaten planen, insbesondere kleine und mittlere Unternehmen über die bestehenden Darlehenskapazitäten der Banken zu unterstützen, wird klargestellt, dass solche Fördermaßnahmen als direkte Beihilfen zugunsten der Bankkunden und nicht zugunsten der Banken selbst betrachtet werden.
- Kurzfristige Exportkreditversicherungen: Der Rahmen erleichtert es den Mitgliedstaaten nachzuweisen, dass bestimmte Länder nicht als Staaten mit marktfähigen Risiken betrachtet werden können, sodass der Staat bei Bedarf kurzfristige Exportkreditversicherungen anbieten kann. Die Kommission wird die Lage weiterhin verfolgen und ist bereit, erforderlichenfalls Änderungen am Verzeichnis der Staaten mit marktfähigen Risiken vorzunehmen.
Es ist davon auszugehen, dass auf dieser Grundlage weitere Unterstützungsmaßnahmen konzipiert und genehmigt werden.
Handlungsempfehlung
Wenn Ihr Unternehmen auf Grund der Corona-Krise in wirtschaftliche Schieflage geraten ist oder diese absehbar droht, sollten Sie die Möglichkeit einer staatlichen Unterstützung auf der Grundlage der neuen Darlehensprogramme in Betracht ziehen. Sofern die Voraussetzungen für eine Förderung auf dieser Grundlage nicht vorliegen, kommt alternativ eine Unterstützung auf Basis bereits zuvor bestehender beihilferechtlicher Regelungen in Betracht. Hierzu zählen bspw. die Regelungen für Bagatellfälle („De-minimis-Beihilfen“) oder für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen.
Im Hinblick auf die KfW-Programme sowie die Inanspruchnahme weiterer aktueller Finanzierungsmöglichkeiten empfehlen wir den Beitrag von Frank Hahn, der diese umfassend und nach Bundesländern geordnet darstellt. Wir unterstützen Sie mit unserer Praxisgruppe Beihilfen- und Kartellrecht gerne bei der Inanspruchnahme einer passenden Finanzierungsmöglichkeit.