12.03.2019 | Vergaberecht
Sachverhalt
Der Auftraggeber, eine gemeinsame Einrichtung zur Durchführung der Grundsicherung für Arbeitssuchende (Jobcenter), schrieb Dolmetscherleistungen europaweit im offenen Verfahren aus. Mit der Konzipierung und Durchführung des Vergabeverfahrens beauftragte er seine späteren Verfahrensbevollmächtigten. Die Angebote wurden elektronisch eingereicht. In dem von einem Bieter wegen angeblich unwirksamer Referenzanforderungen und zu kurzer Nachforderungsfrist angestrengten Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer stellt sich heraus, dass zwei Rechtsanwälte der vom Auftraggeber beauftragten Kanzlei die Angebotsöffnung durchgeführt haben. Die Vergabeakten enthielten zudem keine Dokumentation der Angebotsöffnung. Die Vergabekammer hat dem Auftraggeber aufgegeben, das Vergabeverfahren in das Stadium vor Ablauf der Frist zur Angebotsabgabe zurückzuversetzen. Hiergegen wendet sich der Auftraggeber mit der sofortigen Beschwerde vor dem OLG Düsseldorf.
Entscheidung
Das OLG Düsseldorf (Beschluss vom 14.11.2018, Verg 31/18) hat entschieden, dass die Angebotsöffnung durch die Rechtsanwälte des Auftraggebers keinen rechtlichen Bedenken begegnet. Gemäß § 55 Abs. 2 Satz 1 GWB wird die Öffnung der Angebote von mindestens zwei Vertretern des öffentlichen Auftraggebers gemeinsam an einem Termin unverzüglich nach Ablauf der Angebotsfrist durchgeführt. Vertreter des Auftraggebers im Sinne dieser Regelung kann nach Auffassung des OLG jede von ihm hierzu ermächtigte Person sein, etwa ein Mitarbeiter oder externer Berater, ebenso ein Rechtsanwalt. Nach Ansicht des OLG genügt die Dokumentation der Angebotsöffnung allerdings nicht den Anforderungen nach §§ 55 Abs. 2 Satz 1, 8 Abs. 1 VgV. Der Vergabevermerk, der von einem Mitarbeiter des Auftraggebers unterzeichnet worden ist, lässt nämlich nicht erkennen, wer die Angebotsöffnung vorgenommen hat und ob sie gemäß § 55 Abs. 2 Satz 1 VgV von mindestens zwei Vertretern des öffentlichen Auftraggebers gemeinsam durchgeführt wurde. Jedoch vertritt das OLG die Auffassung, dass dieser Dokumentationsmangel durch das Vorbringen des Auftraggebers im Nachprüfungsverfahren geheilt worden ist. Eine Gefahr von Manipulationen, die eine Wiederholung der betroffenen Verfahrensabschnitte notwendig machen würde, sieht das OLG im konkreten Fall nicht.
Fazit
Mit der Entscheidung des OLG Düsseldorf hat sich nunmehr ein oberinstanzliches Gericht zu der Frage geäußert, ob die Angebotsöffnung durch externe Berater wie Ingenieure, Architekten, Projektsteuerer oder Rechtsanwälte durchgeführt werden darf. Während die VK Lüneburg im Vorjahr entschieden hatte, dass die Angebotsöffnung durch Mitarbeiter des beauftragten Ingenieurbüros nicht zur Rückversetzung des Vergabeverfahrens führt, soweit keine konkrete Möglichkeit einer kollusiven Zusammenarbeit des Ingenieurbüros mit einem Anbieter besteht (vgl. VK Lüneburg, Beschluss vom 08.05.2018, VgK-10/2018), hatte sich die VK Südbayern für eine Rückversetzung des Vergabeverfahrens bei Angebotsöffnung ausschließlich durch ein Projektmanagementbüro auch ohne die konkrete Gefahr eines kollusiven Zusammenwirkens ausgesprochen (vgl. VK Südbayern, Beschluss vom 02.01.2018, Z3-3-3194-1-47-08/17).