07.03.2019 | Compliance & Internal Investigations, Gesellschaftsrecht
Im Rahmen der Organberatung (oder auch Managerhaftung) taucht immer wieder die Frage auf, wie bei einem mehrköpfigen Geschäftsleitungsorgan Verantwortlichkeiten so aufgeteilt werden können, dass damit auch eine Verbesserung der Haftungssituation für die Beteiligten einhergeht. Gerade in größeren Unternehmen sind die Geschäftsführungsaufgaben oftmals derart komplex, dass spezielle Expertise in den einzelnen Bereichen erforderlich ist. Für die Beteiligten ist es dabei – auch bei Bestehen angemessener D&O-Versicherungen – wichtig, dass Fehler in einem „Aufgabenbereich eines Geschäftsführungs-/ Vorstandskollegen“ nicht zwingend auch zu einem Haftungsrisiko für sie selbst führen.
In der Rechtsprechung und Literatur ist seit langem anerkannt, dass unter gewissen Voraussetzungen Aufgabenverteilungen – sogenannte Ressortzuweisungen – auch auf der Ebene der Geschäftsführung möglich sind mit der Folge, dass sich die Verantwortlichkeiten und damit auch die Haftungsrisiken verändern. Es war indes von jeher in Literatur und Rechtsprechung nicht einheitlich gesehen worden, welche (formalen) Anforderungen an eine derartige Ressortaufteilung gestellt werden, damit diese sodann auch die (teilweise entlastenden) angestrebten Wirkungen hat.
In seiner Entscheidung vom 06.11.2018 (AZ: II ZR 11/17) hat der Bundesgerichtshof insoweit Klarheit geschaffen und entschieden, dass für eine wirksame Geschäfts- oder Ressortaufteilung auf der Ebene der Geschäftsleitung eine klare und eindeutige Abgrenzung der Geschäftsführungsaufgaben aufgrund einer von allen Mitgliedern des Organs mitgetragenen Aufgabenzuweisung erforderlich ist. Diese muss die vollständige Wahrnehmung der Geschäftsführungsaufgaben durch hierfür fachlich und persönlich geeignete Personen sicherstellen und ungeachtet der Ressortzuständigkeit eines einzelnen Geschäftsführers/Vorstands die Zuständigkeit des Gesamtorgans insbesondere für nicht delegierbare Aufgaben der Geschäftsleitung wahren.
Der Bundesgerichtshof betont weiter, dass eine diesen Anforderungen genügende Aufgabenzuweisung nicht zwingend einer schriftlichen Dokumentation bedarf – insoweit grenzt sich der Bundesgerichtshof vom Bundesfinanzhof und dessen Urteil vom 26.04.1984 (AZ: 5 R 128/79) ab, betont aber, dass die damaligen Erwägungen des BFH in steuerlichem Kontext weitergelten können. Zudem: Aus Gründen der Rechtssicherheit und Beweisbarkeit ist es – schon unter dem Gesichtspunkt der guten Corporate Governance – dringend anzuraten, die Ressortaufteilung zu dokumentieren.
Indes ist auch zu beachten, dass mit einer Ressortaufteilung nicht einhergeht, dass die jeweils nicht aufgaben- bzw. ressortverantwortlichen Organmitglieder die Tätigkeiten ihrer Kollegen nicht mehr überwachen müssten. Im Gegenteil: Der Bundesgerichtshof betont, dass das Handeln der Mitgeschäftsleiter regelmäßig zu kontrollieren sei; die Durchführung wöchentlicher Besprechungen ohne die Durchführung von Plausibilitätsprüfungen reiche nicht aus.
Fazit: Eine Ressortaufteilung ist ein wirksames Instrument zur Begrenzung der Managerhaftung. Sie sollte indes den rechtlichen Vorgaben entsprechend und sauber dokumentiert durchgeführt sowie regelmäßig daraufhin überprüft werden, ob sie auch in dieser Weise gelebt wird. Es ist zudem wichtig, dass eine erfolgte Ressortaufteilung nicht von gegenseitiger Überwachung entbindet – die Rechtsprechung nimmt insoweit eine Veränderung der Pflichtenlage von einer unmittelbar ausführenden hin zu einer überwachenden Pflichtenlage an.