22.02.2019 | Bau- und Immobilienrecht
Kann ein Werkunternehmer während des Annahmeverzugs des Bestellers die Vergütung aus dem gestörten Werkvertrag nicht wie vorgesehen erwirtschaften, steht ihm für diesen Umsatznachteil keine Entschädigung aus § 642 BGB zu.
KG, Urteil vom 29.01.2019 – 21 U 122/18 (nicht rechtskräftig)
Sachverhalt
Gegenstand der Entscheidung des Kammergerichts sind Ansprüche eines Bauunternehmers wegen Störungen im Bauablauf. Der Bauherr hatte bestimmte Teile der Baustelle nicht rechtzeitig „baufrei“ zur Verfügung gestellt‚ so dass der Bauunternehmer mit seinen Leistungen nicht planmäßig beginnen konnte. Da der Bauunternehmer während der verlängerten Bauzeit auch keinen Umsatz aus anderen Aufträgen erzielen konnte, macht er für den „entgangenen Umsatz“ eine Entschädigungsforderung geltend. Der Höhe nach ermittelt der Bauunternehmer seinen Anspruch, indem er vom ursprünglich geplanten Umsatz ausgeht und hiervon die durch die Nichtleistung ersparten Material- und Gerätekosten in Abzug bringt. Der Bauunternehmer ermittelt seinen Anspruch also ähnlich wie bei einer freien Kündigung gemäß § 649 BGB.
Entscheidung
Das Kammergericht folgt der Auffassung des Bauunternehmers nicht und weist die Klage im Ergebnis ab. Nach Auffassung des Gerichts kann der Auftragnehmer nach § 642 BGB nur die Kosten erstattet verlangen, die tatsächlich und konkret in Folge der verzögerten Bauausführung entstanden sind. Dabei handelt es sich typischerweise um Vorhalte- oder Umsetzkosten, also um solche Kosten, die dadurch entstanden sind, dass das eingeplante Personal und die eingeplanten Geräte entweder gar nicht (dann Vorhaltekosten) oder nur mit Mehraufwand (Umsetzkosten) auf anderen Baustellen eingesetzt werden konnten. Auch der zeitabhängige Deckungsbeitrag für Allgemeine Geschäftskosten ist nach der Entscheidung des Kammergerichts kein erstattungsfähiger Nachteil.
Hinweis
Die Entscheidung des Kammergerichts ist sehr sorgfältig und anhand von Beispielen geradezu „lehrbuchartig“ begründet. Das Gericht setzt sich dabei auch mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes auseinander, der diese Fälle bisher noch nicht abschließend entschieden hat. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, so dass es möglicherweise zu einer Überprüfung durch den Bundesgerichtshof kommt.