18.09.2018 | Bau- und Immobilienrecht
Mietverträge mit einer Festlaufzeit von mehr als einem Jahr müssen die gesetzliche Schriftform nach § 126 BGB wahren, andernfalls gelten sie kraft Gesetz (§ 550 BGB) als unbefristet und vorzeitig kündbar. Für die Immobilienpraxis bedeutet die Einhaltung der Schriftform häufig eine zeitliche Verzögerung, sofern der Abschluss des Mietvertrages mit einer Unterzeichnung unter gleichzeitiger Anwesenheit der Parteien oder mit dem Austausch der Originalurkunden via Postversand verbunden ist. Erschwerend kommt hinzu, dass die Schriftform nicht nur beim Abschluss des Mietvertrages, sondern auch beim Abschluss von Nachträgen zu beachten ist.
In diesem Zusammenhang hat der BGH mit seinem Urteil vom 07.03.2018 (Az. XII ZR 129/16) nun klargestellt:
1. Die Einhaltung der Schriftform setzt nicht voraus, dass beide Vertragsparteien dieselbe Urkunde unterzeichnen. Es genügt, wenn bei Ausfertigung mehrerer gleichlautender Vertragsurkunden jede Partei die für die andere Vertragspartei bestimmte Urkunde unterzeichnet.
2. Es ist nicht erforderlich, dass jede Vertragspartei die für sie bestimmte Originalurkunde erhält. Es genügt die Übersendung der einseitig unterzeichneten Mietvertragsurkunde an die jeweils andere Vertragspartei per Telefax.
Zur Begründung führt der BGH aus: Der Zweck des in § 550 BGB normierten Schriftformerfordernisses liegt vordringlich in der Information des Grundstückserwerbers, der kraft Gesetz in das Mietverhältnis eintritt und sich hierzu anhand der Mietvertragsurkunde zuverlässig über den Inhalt der auf ihn übergehenden Rechte und Pflichten informieren können soll. Dieser Zweck des Schriftformerfordernisses ist bereits erfüllt, wenn zwei gleichlautende Vertragsurkunden existieren, die in Summe die erforderlichen Unterschriften tragen. Indem die Vertragsparteien jeweils gleichlautende Vertragsurkunden unterzeichnet haben, ist die Schriftform des § 550 BGB unabhängig davon gewahrt, ob die Vertragsurkunden nach Unterzeichnung in den Besitz der jeweils anderen Vertragspartei gelangen.
Mit diesem Verzicht auf den Austausch der Originalurkunden dürfte in der Immobilienpraxis insbesondere bei räumlich getrennten Vertragsparteien eine deutliche Erleichterung verbunden sein. Der Abschluss von Mietverträgen unter Wahrung der Schriftform ist damit binnen kürzester Zeit möglich, ohne auf die persönliche Anwesenheit der Unterzeichner oder den Postversand angewiesen zu sein.
Zu beachten bleibt jedoch, dass die Originalurkunden weiterhin die von der Rechtsprechung in zahlreichen Gerichtsentscheidungen formulierten inhaltlichen Anforderungen der gesetzlichen Schriftform beachten müssen. Von diesem Erfordernis befreit auch das neue BGH-Urteil nicht.