11.07.2018 | Öffentliches Recht
Hintergrund
Im Zuge der BauGB-Novelle 2017 hat der Gesetzgeber den Anwendungsbereich von § 13a BauGB und des sog. beschleunigten Verfahrens zur Aufstellung von Bebauungsplänen ausgedehnt. Nach § 13b BauGB gelten nunmehr insbesondere die Verfahrenserleichterungen des § 13a Abs. 2 BauGB – vor allem der Wegfall einer förmlichen Umweltprüfung und die Einschränkung der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung – auch für Bebauungsplanverfahren, „durch die die Zulässigkeit von Wohnnutzungen auf Flächen begründet wird, die sich an im Zusammenhang bebaute Ortsteile anschließen“. Ziel der Regelung ist es, den Kommunen das Ausweisen von Wohnbauflächen im Außenbereich zu erleichtern und die Schaffung neuen Wohnraumes zu beschleunigen.
In Rechtsprechung und Literatur ist bislang allerdings noch nicht geklärt, wie die einzelnen Tatbestandsmerkmale des § 13b BauGB auszulegen sind. Offen ist etwa, welche Gebietsartfestsetzung im Bebauungsplan vom Begriff der „Wohnnutzung“ erfasst ist und unter welchen Voraussetzungen sich Außenbereichsflächen „an im Zusammenhang bebaute Ortsteile anschließen“.
Entscheidung
Mit Beschluss vom 04.05.2018, Az. 15 NE 18.382, hatte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) erstmals Gelegenheit, zur Auslegung der Tatbestandsmerkmale des § 13b BauGB Stellung zu beziehen.
Hinsichtlich der nach § 13b BauGB überplanbaren Außenbereichsflächen geht der BayVGH davon aus, dass die Vorschrift eine Zersiedelung des Außenbereichs grundsätzlich nicht zulasse. Dies sei der Fall, wenn der vorhandene Siedlungsbereich nicht lediglich „abrundend“ in den Außenbereich erweitert werde, sondern bei städtebaulich wertender Betrachtung tatsächlich ein neuer Siedlungsbereich im bisherigen Außenbereich entstehe, der sich vom bestehenden Ortsrand ersichtlich absetze und deshalb einen qualitativ neuen Ansatz für künftige Siedlungserweiterungen vorgebe. Im Ergebnis ist der 15. Senat der Auffassung, dass sich Außenbereichsflächen dann nicht mehr im Sinne von § 13b BauGB „an im Zusammenhang bebaute Ortsteile anschließen“, wenn eine Anbindung an den bestehenden Siedlungsbereich nur über eine im Verhältnis zur Gesamtgröße des neuen Baugebiets völlig untergeordnete gemeinsame Grenze erfolge, der weitaus größte Teil des neuen Baugebiets sich aber derart vom bestehenden Ortsrand in den Außenbereich hinein absetze, dass letztlich ein neuer, selbständiger Siedlungsansatz entstehe.
Gestützt auf den Wortlaut der Bestimmung legt der BayVGH den Begriff der „Wohnnutzung“ restriktiv aus. Hiervon dürften – so der 15. Senat – jedenfalls Gebietsartfestsetzungen umfasst sein, nach denen Wohngebäude, wohnähnliche Betreuungseinrichtungen und eine damit unmittelbar zusammenhängende technische Infrastruktur (z.B. Verkehrsflächen, Stellplätze, Garagen, Anlagen der Wasser- und Energieversorgung) zulässig sind. Ausdrücklich offen gelassen hat der BayVGH die insofern umstrittene Frage, ob allgemeine Wohngebiete gemäß § 4 BauNVO im vereinfachten Verfahren nach § 13b BauGB überhaupt wirksam festgesetzt werden können oder ob die Vorschrift ausschließlich die Festsetzung eines reinen Wohngebietes nach § 3 BauNVO zulässt. Bei Festsetzung eines allgemeinen Wohngebietes müsse die Gemeinde jedenfalls über § 1 Abs. 5 BauNVO all diejenigen Nutzungen ausschließen, die nach § 4 Abs. 3 Nr. 1-Nr. 5 BauNVO i.V.m. § 31 Abs. 1 BauGB ausnahmsweise zugelassen werden könnten.
Praxisfolgen
Die Entscheidung des 15. Senats bietet erste Anhaltspunkte, unter welchen Bedingungen eine Überplanung von Außenbereichsflächen im beschleunigten Verfahren nach § 13b BauGB zulässig ist. Die Rechtsprechung des BayVGH steht allerdings noch ganz am Anfang. Aus Sicht von Kommunen, die auf das Verfahrensinstrument des § 13 b BauGB zurückgreifen bzw. zurückgreifen möchten, gilt es daher die weiteren Entwicklungen in der Rechtsprechung sorgsam im Auge zu behalten.