06.03.2018 | Arbeitsrecht
Seit dem 07.02.2018 liegt der Koalitionsvertrag der angestrebten neuen Großen Koalition vor. Wenngleich die arbeitsrechtlichen Reformvorhaben deutlich hinter den Umwälzungen der abgelaufenen Legislaturperiode zurückbleiben, werden insbesondere die geplanten Änderungen des Teilzeit- und Befristungsrechts die Unternehmen vor neue Herausforderungen stellen. Daneben darf auch die Reform des Arbeitszeitrechts mit Spannung erwartet werden. Insgesamt scheinen die Koalitionspartner allerdings ihren mit der Neufassung des AÜG begonnenen Weg fortsetzen und den Unternehmen weniger Instrumente zur flexiblen Gestaltung ihrer Belegschaftsgrößen zur Verfügung stellen zu wollen. Ob hierdurch das selbst gesetzte Ziel „Eine neue Dynamik für Deutschland“ erreicht werden kann, erscheint fraglich.
Recht auf befristete Teilzeit
Am konkretesten sind die Regelungen zur Einführung eines Rechts auf befristete Teilzeit. Der gegen Ende der letzten Legislaturperiode gescheiterte Referentenentwurf zur Weiterentwicklung des Teilzeitrechts soll nunmehr erneut aufgegriffen werden. Neben einer Beweislastumkehr zugunsten des Arbeitnehmers bei (Wieder-)Aufstockung der Teilzeit soll das Gesetz künftig auch einen gegenüber dem bisherigen Entwurf eingeschränkten Anspruch auf befristete Teilzeit enthalten. Die Teilzeit soll dabei auf mindestens ein Jahr und maximal fünf Jahre befristet werden können, zeitliche Abweichungen durch Tarifvertrag sollen möglich sein. Unternehmen mit maximal 45 Mitarbeitern sollen vom Anwendungsbereich ausgenommen sein. In Unternehmen zwischen 46 und 200 Mitarbeitern soll nur ein Mitarbeiter pro angefangenen 15 Mitarbeitern den Anspruch geltend machen können. Unklar ist, ob Leiharbeitnehmer für die Schwellenwerte mitzählen. In Anbetracht der weitgehenden Einigung auf konkrete Eckpunkte dürfte mit einer zügigen Umsetzung dieses Gesetzesvorhabens zu rechnen sein.
Reform des Befristungsrechts
Nach der Reform des AÜG soll nunmehr auch ein vermeintlicher Missbrauch bei befristeten Arbeitsverhältnissen bekämpft werden. Sachgrundlose Befristungen sollen in Unternehmen mit mehr als 75 Mitarbeitern künftig nur noch für maximal 2,5% der Belegschaft abgeschlossen werden können. Zudem soll die Höchstdauer für sachgrundlose Befristungen von 24 auf 18 Monate sinken und innerhalb dieses Zeitraums nur noch eine statt bislang drei Verlängerungen möglich sein. Künftig wird entgegen der bisherigen Praxis wohl ausdrücklich im Arbeitsvertrag geregelt werden muss, ob die Befristung mit oder ohne Sachgrund erfolgt.
Zur Verhinderung von sog. Kettenbefristungen sollen zudem auch Befristungen mit Sachgrund nur noch bis zu einer Gesamtdauer von fünf Jahren möglich sein. Neben vorhergehenden befristeten und unbefristeten Arbeitsverhältnissen soll dabei auch eine Überlassung als Leiharbeitnehmer berücksichtigt werden, sofern zwischen der Vorbeschäftigung und dem befristeten Arbeitsverhältnis nicht mindestens drei Jahre liegen. Auch hier ist mit einer zügigen Umsetzung zu rechnen.
Reform des Arbeitszeitgesetzes
Die allgemein geforderte Reform der starren Regelungen des Arbeitszeitgesetzes scheint hingegen leider nur sehr zurückhaltend auszufallen. Geplant ist derzeit lediglich die Aufnahme weiterer Tariföffnungsklauseln, um tarifgebundenen Arbeitgebern die Nutzung sog. „Experimentierräume“ zu ermöglich. Die Idee stammt aus dem vom BMAS vorgestellten „Weißbuch Arbeiten 4.0“. Tarifgebundene Unternehmen sollen mit ihren Betriebsräten abweichende wöchentliche Höchstarbeitszeiten vereinbaren können. Das vielfach geforderte Wahlarbeitszeitgesetz scheint hingegen noch auf sich warten zu lassen.
Sonstiges
Des Weiteren sind strengere Regeln für Arbeit auf Abruf, die Einführung eines Initiativrechts des Betriebsrats für Weiterbildung und eine Ausweitung des vereinfachten Wahlverfahrens auf Betriebe mit bis zu 100 Arbeitnehmern sowie die Rückkehr zu paritätischen Tragung der Krankenkassenbeiträge durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer geplant.
Im Ergebnis dürften die Reformvorhaben das deutsche Arbeitsrecht nicht grundlegend verändern, aber gerade im Teilzeit- und Befristungsrecht neue Einschränkungen für Unternehmen mit sich bringen. Abzuwarten bleibt, welche Chancen sich aus einer Reform des Arbeitszeitrechts ergeben könnten.