09.02.2018 | Litigation und Arbitration
Der zu entscheidende Fall betraf eine klassische GmbH & Co. KG, in der eine GmbH die einzige persönlich haftende Gesellschafterin (Komplementärin) ist. Auslöser des Rechtsstreits war eine im Raum stehende Schadensersatzverpflichtung des selbst nicht an der Gesellschaft beteiligten Fremdgeschäftsführers der GmbH. Dieser soll ein Grundstück für die KG wissentlich zu einem weit überhöhten Kaufpreis erworben haben. Dies unterstellt, kommt ein Schadensersatzanspruch der KG gegen den Fremdgeschäftsführer analog § 43 Abs. 2 GmbHG in Betracht.
Fraglich ist aber, wer diesen Schadensersatzanspruch geltend machen darf. Grundsätzlich ist das bei der KG Aufgabe des geschäftsführenden Gesellschafters, hier also der GmbH; Kommanditisten sind regelmäßig von der Geschäftsführung ausgeschlossen (§ 164 S. 1 HGB). Es leuchtet ein, dass es wenig realistisch ist, dass der Geschäftsführer der GmbH Ansprüche auf Schadensersatz gegen sich selbst durchsetzen wird. Gemäß § 46 Nr. 8 GmbHG sieht das Gesetz daher vor, dass innerhalb der GmbH die Gesellschafterversammlung zuständig ist, über die Anspruchsdurchsetzung gegen ihren Geschäftsführer zu entscheiden und ggf. einen „besonderen Vertreter“ für die GmbH zu bestellen. Der BGH hat in der Vergangenheit auch bereits die analoge Anwendbarkeit des § 46 Nr. 8 HS 2 GmbHG auf die Kommanditgesellschaft anerkannt: für die KG kann somit ebenfalls durch deren Gesellschafter ein „besonderer Vertreter“ zur Durchsetzung von Ansprüchen gegen die Geschäftsführung bestellt werden (BGH, Beschluss vom 7. Juni 2010, Az. II ZR 210/09). Die Besonderheit des aktuell entschiedenen Falles bestand darin, dass es in der KG nur eine Kommanditistin gab, die gleichzeitig auch die einzige Gesellschafterin der GmbH war. Diese Gesellschafterin verstarb. Der eingesetzte Testamentsvollstrecker (offensichtlich ein Vertrauter der Verstorbenen) war gleichzeitig seit 2003 alleiniger Geschäftsführer der GmbH und hatte naheliegender Weise kein Bedürfnis, sich selbst auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen.
In dieser Konstellation versuchten die Erben der verstorbenen Kommanditistin, im Wege der sog. „actio pro socio“ den Schadensersatzanspruch der KG gegen den Fremdgeschäftsführer der GmbH direkt geltend zu machen. Die „actio pro socio“ (auch: Gesellschafterklage) ist bei den Personengesellschaften und Personenhandelsgesellschaften als subsidiäre Form der Rechtsdurchsetzung anerkannt, wenn die üblichen Vertretungsmechanismen versagen und ein Anspruch nicht direkt durch die Gesellschaft mit dem nötigen Nachdruck verfolgt wird. Dabei macht ein Gesellschafter im eigenen Namen ein fremdes Recht (nämlich ein Recht der KG) aus dem Gesellschaftsverhältnis gegenüber einem Mitgesellschafter auf Leistung an die Gesellschaft geltend. Prozessual wird von sog. „Prozessstandschaft“ gesprochen. Fehlen hierfür die notwendigen Voraussetzungen, ist eine entsprechende Klage mangels Prozessführungsbefugnis unzulässig. So war es im aktuell entschiedenen Fall. Denn der Fremdgeschäftsführer war bereits kein tauglicher Anspruchsgegner, da er kein Gesellschafter der GmbH, geschweige denn der KG war. Für einen unmittelbaren Haftungsdurchgriff der Kommanditisten auf den Fremdgeschäftsführer sieht der BGH – dogmatisch überzeugend – entgegen mancher Stimmen in der Literatur keine Notwendigkeit. Denn die Kommanditisten haben die Möglichkeit, im Wege der actio pro socio gegen die GmbH (diese ist Gesellschafterin der KG) vorzugehen. Sie können gegen die GmbH einen Titel erstreiten und aus diesem Titel in den Anspruch der GmbH gegen ihren Geschäftsführer aus § 43 Abs. 2 GmbHG vollstrecken.