18.05.2017 | Arbeitsrecht
Gemäß § 288 Abs. 5 BGB hat der Gläubiger einer Entgeltforderung bei Verzug des Schuldners einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts („LAG“) Köln (Urteil vom 22.11.2016; Az.: 12 Sa 524/16) gilt dieser Grundsatz auch im Arbeitsrecht. Der Arbeitnehmer hat daher aus Sicht des LAG Köln bei Zahlungsverzug des Arbeitgebers – z. B. mit der Lohnzahlung – einen Anspruch auf einen pauschalen Schadensersatz in Höhe von 40 Euro.
Die Entscheidung
Die Parteien streiten über die Zahlung von Branchenzuschlägen und die Verzugspauschale in Höhe von 40 Euro nach § 288 Abs. 5 BGB. Der klagende Mitarbeiter war bei der Arbeitgeberin als Leiharbeitnehmer beschäftigt. Der Kläger begehrte mit seiner Klage von der Arbeitgeberin die Zahlung von Branchenzuschlägen sowie daneben einen Pauschal-Schadensersatz in Höhe von 40 Euro monatlich nach § 288 Abs. 5 BGB. Die Arbeitgeberin wandte dagegen ein, dass § 288 Abs. 5 BGB nicht für arbeitsrechtliche Entgeltansprüche gelte.
Das Arbeitsgericht ging davon aus, dass § 288 Abs. 5 BGB vorliegend nicht angewendet werden könne. Demgegenüber sprach das LAG Köln dem Mitarbeiter die Verzugspauschale in Höhe von 40 Euro zu.
Das LAG Köln führt insbesondere umfassend zur Anwendbarkeit von § 288 Abs. 5 BGB im Arbeitsrecht aus. Das LAG Köln weist darauf hin, dass § 288 Abs. 5 BGB im gesamten Zivilrecht gelte – also auch im Arbeitsrecht. Zudem finde sich in der Gesetzgebungsgeschichte kein Hinweis darauf, dass der Gesetzgeber eine Anwendung von § 288 Abs. 5 BGB auf arbeitsrechtliche Entgeltansprüche nicht gewollt hätte. Das LAG bringt weitere Argumente vor, die aus seiner Sicht für eine Berücksichtigung der Verzugspauschale auch bei arbeitsrechtlichen Entgeltansprüchen sprechen. Unter anderem sollen auch die übrigen Regelungen des § 288 BGB – insbesondere zu Verzug und Verzugszins – unzweifelhaft auch im Arbeitsrecht gelten. Zudem spreche der Gesetzeszweck für eine Anwendbarkeit von § 288 Abs. 5 BGB im Arbeitsrecht. Trotz des Strafbarkeitsrisikos des § 266a StGB komme es in der Praxis immer wieder dazu, dass geschuldeter Lohn nicht pünktlich gezahlt werde.
Nach Auffassung des LAG Köln ist die Verzugspauschale in Höhe von 40 Euro auch nicht entsprechend § 288 Abs. 5 S. 3 BGB auf einen etwaigen gerichtlichen Kostenerstattungsanspruch (im arbeitsrechtlichen Berufungsverfahren) anzurechnen. Aus der Sicht des LAG Köln ist § 288 Abs. 5 S. 3 BGB so auszulegen, dass eine Anrechnung der 40 Euro nur auf außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten erfolge. Für die Anwendbarkeit der Anrechnungsvorschrift des § 288 Abs. 5 S. 3 BGB bleibe dagegen kein Raum, wenn kein außergerichtlicher Kostenerstattungsanspruch besteht. Ein solcher besteht bei arbeitsrechtlichen Entgeltforderungen bis einschließlich des erstinstanzlichen Verfahrens gerade nicht (§ 12a ArbGG).
Weiter stellte das LAG Köln fest, dass der Anspruch auf die 40-Euro-Pauschale zudem ab Rechtshängigkeit gem. § 291 BGB zu verzinsen ist, da es sich um einen materiell rechtlichen Anspruch handle.
Fazit
Es ist darauf hinzuweisen, dass noch keine höchstrichterliche Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts („BAG“) zu der Frage besteht, ob die 40-Euro-Verzugspauschale auch bei arbeitsrechtlichen Entgeltforderungen Anwendung finden kann. Diese Frage ist in der Literatur und bei den Arbeitsgerichten höchst umstritten und wird teilweise verneint. Demgegenüber haben das LAG Köln und das LAG Baden-Württemberg die Anwendbarkeit der Verzugspauschale auf arbeitsrechtliche Entgeltansprüche bejaht.
Unternehmen sollten die Verzugspauschale bis zu einer höchstrichterlichen Entscheidung unbedingt im Blick behalten. Für Arbeitnehmer könnte die Geltendmachung der Verzugspauschale interessant sein, um gerade bei monatlichen geringfügigen Unterzahlungen die eigenen Entgeltansprüche zu erhöhen. Für die Unternehmen wäre daher eine Entscheidung des BAG begrüßenswert, die die Geltendmachung von Verzugspauschalen durch die Mitarbeiter ausschließt.