16.03.2017 | Restrukturierung und Insolvenzrecht
Anfechtungsfrist im Bereich der Vorsatzanfechtung auf 4 Jahre verkürzt
Im Zentrum der Reform steht eine Eindämmung der sog. Vorsatzanfechtung gem. § 133 Abs. 1 InsO. Gemäß dieser Vorschrift kann der Insolvenzverwalter bislang Rechtshandlungen bis zu 10 Jahre vor Insolvenzantragstellung anfechten. Nach Inkrafttreten der Reform kann der Insolvenzverwalter Sicherungen und Zahlungen nur noch bis zu 4 Jahre vor Insolvenzantragstellung zurückfordern. Mit dem Inkrafttreten wird noch in dieser Legislaturperiode gerechnet.
Beweislastumkehr zugunsten der Gläubiger
Besonders einschneidend für Gläubiger sind die vom Bundesgerichtshof geschaffenen Indizien, die bei im Zahlungsverkehr weit verbreitetem Verhalten bereits auf das Vorliegen der Anfechtungsvoraussetzungen schließen ließen. So konnten im Extremfall bereits Ratenzahlungsvereinbarungen oder eine vorangegangene Stundung ausreichen, dass ein Gläubiger das Erlangte wieder an den Insolvenzverwalter zurückzahlen musste. Künftig wird umgekehrt die Vermutung gelten, dass der Gläubiger bei Zahlungen aufgrund solcher Zahlungserleichterungen den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners nicht kannte. Hatte der Insolvenzverwalter bislang nach Vorbringen der Indizien häufig das seinerseits Erforderliche getan, muss er künftig durch Darlegung und Beweis der Kenntnis des Anfechtungsgegners von der Zahlungsunfähigkeit bzw. dem Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners die Hürde der Gegenvermutung überwinden.
War die Zahlung im Übrigen kongruent, konnte der Gläubiger sie also zu der Zeit und in der Art und Weise verlangen, reicht nicht mehr wie bisher der Nachweis der Kenntnis von der drohenden Zahlungsunfähigkeit aus, sondern der Insolvenzverwalter muss dem Gläubiger Kenntnis von der eingetretenen Zahlungsunfähigkeit nachweisen.
Erweiterung des Bargeschäftsprivilegs
Wichtig ist auch die Neuerung im Bereich des Bargeschäfts. Bislang galt das Bargeschäftsprivileg, also die Unanfechtbarkeit von einander unmittelbar und gleichwertig gegenüberstehender Leistungen, nach dem Wortlaut des § 142 InsO im Bereich der Vorsatzanfechtung gem. § 133 Abs. 1 InsO nicht. Die Praxis behalf sich damit, dass bei unmittelbarem Gegenüberstehen gleichwertiger Leistungen im Regelfall auch die Gläubigerbenachteiligung, Grundvoraussetzung einer jeden Insolvenzanfechtung, entfällt. Schwierigkeiten bestanden aber häufig in der Beurteilung, wann die Voraussetzungen des Bargeschäfts vorlagen. Deshalb hilft der Gesetzgeber mit einer Definition der Unmittelbarkeit des Leistungsaustauschs und der zusätzlichen Voraussetzung, dass im Bereich der künftigen Vorsatzanfechtung der Anfechtungsgegner erkannt haben muss, dass der Schuldner unlauter handelte. Bis die Rechtssicherheit in dem Zusammenhang wirklich verbessert ist, werden Rechtsprechung und Wissenschaft ergänzend auszuführen haben, wann Handlungen des Schuldners als unlauter anzusehen sind.
Beschränkung der Verzinsung des Anfechtungsanspruchs
Außerdem hat der Gesetzgeber der leidlichen Praxis einen Riegel vorgeschoben, mit der Geltendmachung von Anfechtungsansprüchen bis kurz vor Ablauf der Anfechtungserklärungsfrist zu warten, da die Zinsen bislang ab Insolvenzeröffnung berechnet wurden. Mit Inkrafttreten der Reform fallen die Zinsen erst bei echtem Schuldnerverzug oder ab Eintritt der Rechtshängigkeit an.
Auswirkungen in der Praxis
Für die Praxis bedeutet die Reform ein Umdenken. Mühsam abgewöhnte Verhaltensweisen können künftig wieder vorteilhaft sein. Es gilt nicht mehr: Wer zuerst vollstreckt, lacht am längsten. Ob es dadurch leichter wird, zeigt die Zeit. Sicher werden die Gläubiger aber künftig häufiger ihr Geld behalten dürfen.