15.03.2017 | Bau- und Immobilienrecht
Der Auftraggeber kann seine weitergehenden Mängelrechte (Selbstvornahme, Rücktritt, Minderung, Schadensersatz) erst nach fruchtlosem Ablauf einer dem Auftragnehmer gesetzten Nachbesserungsfrist geltend machen.
Erklärt sich der Auftragnehmer mit der Selbstvornahme durch den Auftraggeber bzw. einer Ersatzvornahme durch Dritte einverstanden, ist ein gesondertes Nacherfüllungsverlangen des Auftraggebers trotzdem erforderlich, wenn sich im Zuge der Mängelbeseitigung weitergehende Mangelerscheinungen ergeben. Insoweit kann ein Verzicht des Auftragnehmers, diese Mängel selbst zu beseitigen, nicht ohne weiteres angenommen werden.
Zum Sachverhalt
In dem vom OLG Düsseldorf (Urteil vom 18.12.2015, Az. I-22 U 84/15) zu entscheidenden Fall erklärte sich der Auftragnehmer nach einem gemeinsamen Ortstermin mit dem Auftraggeber bereit, dass bestimmte Mängel (unzureichende Sperrfolienanführung an den Drempeln) durch ein Drittunternehmen beseitigt werden. Insoweit lag also ein Verzicht auf das dem Auftragnehmer zustehende Nacherfüllungsrecht vor.
Im Rahmen eines weiteren Ortstermins ergab sich jedoch, nach umfangreicher Bauteilöffnung, dass weitergehende, also neue Mangelsymptome vorliegen (Dämmdefizite im Bereich der Dachkonstruktion, insbesondere fehlende Wärmedämmung und Undichtigkeiten an den Wandanschlüssen). Für die Beseitigung, auch der nachträglich festgestellten Mängel, verlangt die Klägerin Schadensersatz.
Die Entscheidung
Ohne Erfolg! Der Auftragnehmer hat zwar auf die Nacherfüllung der im ersten Ortstermin festgestellten Mängel im Bereich der Drempel verzichtet. Nach der Entscheidung des OLG Düsseldorf folgt daraus aber nicht, dass sich der Verzicht auch auf weitere, zu einem späteren Zeitpunkt festgestellte, sonstige Mängel seiner Werkleistung erstrecken sollte. Dementsprechend hätte der Auftraggeber den Auftragnehmer zunächst unter Fristsetzung im Hinblick auf die erst nachträglich festgestellten Mängel zur Nacherfüllung auffordern müssen. Da dies jedoch nicht geschehen ist, scheidet ein Ersatzanspruch im Hinblick auf die dem Auftraggeber entstandenen Mängelbeseitigungskosten aus.
Fazit
Wurde der Auftragnehmer bereits erfolglos zur Mangelbeseitigung aufgefordert, folgt daraus nicht zwangsläufig, dass eine erneute Aufforderung zur Mangelbeseitigung unterbleiben darf, wenn weitere und über die erste Aufforderung hinausgehende Mängel festgestellt werden. Insoweit sollte der Auftraggeber, insbesondere wenn umfangreiche Mängel erst infolge von Bauteilöffnungen zutage treten, den Auftragnehmer erneut und unter angemessener Fristsetzung zur Mängelbeseitigung auffordern. Die Mängel sollten erst nach fruchtlosem Fristablauf im Wege der Ersatzvornahme beseitigt werden. Die Kosten kann der Auftraggeber dann vom Auftragnehmer ersetzt verlangen.