31.05.2016 | Bau- und Immobilienrecht
I. Einleitung
Die Vorschrift des § 13a BauGB eröffnet den Gemeinden die Möglichkeit, Bebauungspläne der Innenentwicklung aufzustellen. Für das Aufstellungsverfahren sieht das Gesetz einige Verfahrenserleichterungen vor; insbesondere ist keine zeitaufwändige Umweltprüfung durchzuführen und keine Anpassung des Flächennutzungsplans vorzunehmen. Das BVerwG hatte jüngst die Gelegenheit, den für die räumlichen Grenzen des § 13a Abs. 1 S. 1 BauGB maßgebenden Begriff der „Innenentwicklung“ näher zu konkretisieren.
II. Entscheidung
Mit seinem Urteil vom 04.11.2015 – Az.: 4 CN 9.14 – hat der 4. Senat klargestellt, dass in einem Bebauungsplan der Innenentwicklung keine Außenbereichsflächen einbezogen werden dürfen, die jenseits der äußeren Grenzen eines Siedlungsbereichs liegen.
Nach Auffassung des BVerwG werden dem Anwendungsbereich des Bebauungsplans der Innenentwicklung durch den gerichtlich voll überprüfbaren Rechtsbegriff der „Innenentwicklung“ räumliche Grenzen gesetzt. Unter Berufung auf die Gesetzessystematik sowie den Sinn und Zweck der Vorschrift stellt das Gericht klar, dass das städtebauliche Instrument nicht dazu genutzt werden dürfe, den Siedlungsbereich in den Außenbereich zu erweitern. Der Gesetzgeber habe den Kommunen durch die Möglichkeit der Aufstellung von Bebauungsplänen der Innenentwicklung im beschleunigten Verfahren einen Anreiz setzen wollen, von einer Inanspruchnahme von Außenbereichsflächen abzusehen. Eine „Innenentwicklung nach außen“ werde durch § 13a BauGB aber gerade nicht verfolgt.
Unter Zugrundelegung dieses Maßstabes können selbst Außenbereichsgrundstücke, die so stark von der angrenzenden Bebauung geprägt sind, dass sie sich als deren organische Fortsetzung darstellen und für sie daher grundsätzlich eine Einbeziehungssatzung gemäß § 34 Abs. 4 Nr. 3 BauGB in Betracht kommt, nicht Gegenstand eines Bebauungsplans der Innenentwicklung sein.
III. Auswirkungen für die Praxis
Mag die Auffassung des BVerwG aus Sicht der Kommunen restriktiv anmuten, ist sie mit Blick auf die Bedeutung des Außenbereichs und dessen Schutz vor Überplanung und Zersiedelung konsequent und gerechtfertigt. Durch das Urteil wird der Praxis überdies eine klare Leitlinie aufgezeigt, die zu einer bedachten Anwendung des städtebaulichen Instruments veranlasst.
Offengelassen hat das BVerwG dagegen die Frage, ob und inwieweit sogenannte „Außenbereichsinseln“ vom Begriff der Innenentwicklung erfasst werden und somit Gegenstand eines Bebauungsplans nach § 13a BauGB sein können.
Die Einbeziehungsmöglichkeit solcher Flächen, deren Überbauung sich planungsrechtlich nach § 35 BauGB richtet, wird von der überwiegenden Rechtsprechung und Literatur für den Fall bejaht, dass sie auf allen Seiten von Bebauung umgeben und damit dem Siedlungsbereich zuzurechnen sowie von diesem maßgeblich geprägt sind (vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 30.10.2014, 8 S 940/12, Rn. 49, juris m.w.N.). Liegen diese Voraussetzungen vor, muss nach Maßgabe der Rechtsprechung nicht weiter zwischen einzelnen Außenbereichsinseln differenziert werden. Grundsätzlich können sämtliche Inselgebiete zum Gegenstand eines beschleunigten Verfahrens nach § 13a BauGB gemacht werden, unabhängig davon, ob es sich dabei um großflächige Industriebrachen, nicht bebaute Freiflächen oder Grünflächen handelt.
Für diese Auffassung lässt sich zuvörderst der § 13a BauGB zu Grunde liegende Regelungszweck anführen: Wird mit der Vorschrift das Ziel verfolgt, eine Überplanung von am Ortsrand liegenden Flächen zu vermeiden und stattdessen den Zugriff auf Flächen innerhalb schon bestehender Ortslagen zu ermöglichen, sind grundsätzlich auch Außenbereichsinseln der Innenentwicklung nach § 13a BauGB zugänglich (vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 29.10.2013, 3 S 198/12, Rn. 26, juris). Dadurch findet im Ergebnis auch keine „Innenentwicklung nach außen“ statt. Durch die Einbeziehung von Außenbereichsinseln kommt es nämlich nicht zu einer Verschiebung der äußeren Grenzen des Siedlungsbereiches.
Dieser Auslegung des nationalen Rechts können letztlich nicht mit Erfolg die Anforderungen des Unionsrechts entgegengehalten werden. Zwar müssen nach den Vorgaben der Richtlinie 2001/42/EG insbesondere solche Pläne einer Umweltprüfung unterzogen werden, bei denen erheblicheUmweltauswirkungen zu befürchten sind. Den Mitgliedstaaten wird bei der Umsetzung der Richtlinie allerdings ein weiter Ermessensspielraum zugestanden, den der deutsche Gesetzgeber durch die Ausgestaltung des § 13a Abs. 1 BauGB grundsätzlich gewahrt hat (vgl. dazu nur VGH Mannheim, Urteil vom 30.10.2014, 8 S 940/12, Rn. 50 ff., juris; a.A. Gierke, in: Brügelmann, BauGB, 96. EL Dezember 2015).