Änderung satzungsmäßiger Zustimmungsvorbehalte und Anfechtungsfristbeginn

Dr. Bernd Fluck

Dr. Bernd Fluck

Zur Änderung satzungsmäßiger Zustimmungsvorbehalte zugunsten aller Gesellschafter einer GmbH bedarf es der Zustimmung aller Gesellschafter. Darunter ist nicht ein einstimmiger Beschluss der Gesellschafterversammlung zu verstehen, sondern es genügt, dass die Gesellschafter ihre Zustimmung im Vorfeld oder im Nachgang der Gesellschafterversammlung erklären. Die Frist für die Anfechtung von Beschlüssen der Gesellschafterversammlung einer GmbH beginnt bei Abwesenheit eines Gesellschafters, jedenfalls wenn auf der Gesellschafterversammlung keine umfangreiche und komplizierte Beschlussfassung stattgefunden hat, spätestens nach einem Zeitraum von ca. zwei Wochen nach der Versammlung, innerhalb dessen sich der Gesellschafter bei der Gesellschaft über die gefassten Beschlüsse informieren muss.

Änderung satzungsmäßiger Zustimmungsvorbehalte und Anfechtungsfristbeginn
Änderung satzungsmäßiger Zustimmungsvorbehalte und Anfechtungsfristbeginn

17.05.2016 | Gesellschaftsrecht

Inhalt


Das OLG Hamm hatte in einer jüngeren Entscheidung vom 21.12.2015 (Az.: 8 U 67/15) die Gelegenheit zur rechtlichen Problematik der Änderung von Satzungsbestimmungen einer GmbH Stellung zu nehmen, welche allen Gesellschaftern der GmbH hinsichtlich bestimmter Geschäfte der Geschäftsführer Zustimmungsvorbehalte zuweisen. Im Zusammenhang der gleichen Entscheidung nahm das OLG Hamm zudem Ausführungen zur Frage des Fristbeginns bezüglich der Anfechtung mangelhafter Gesellschafterbeschlüsse vor.

Sachverhalt


Die Entscheidung basierte auf folgenden Sachverhalt: Die Klägerin war gemeinsam mit den Herren H und L Gesellschafterin der beklagten GmbH. Am 30.12.2013 hielt die Beklagte eine Gesellschafterversammlung ab. Die Klägerin erschien zu dieser Gesellschafterversammlung nicht. Im Vorfeld hatte sie den Herren H und L eine Stimmrechtsvollmacht erteilt, welche mit der Weisung verbunden war, hinsichtlich sämtlicher Beschlussanträge mit Nein zu stimmen. Auf besagter Versammlung beschlossen die Gesellschafter zunächst die Änderung des § 5d der Satzung der Beklagten und sodann die Genehmigung sämtlicher durch die Geschäftsführer der Beklagten abgeschlossenen Arbeitsverträge. § 5d der Satzung der Beklagten enthielt eine Regelung, wonach der Abschluss und die Kündigung von Anstellungsverträgen mit einem Jahresbruttogehalt von mehr als DM 30.000,00 der Genehmigung sämtlicher Gesellschafter der Beklagten bedurfte. Die Klägerin erhob gegen diese Beschlüsse Klage und begehrte die Feststellung derer Nichtigkeit. Die Klage ging am 04.03.2014 bei Gericht ein. Bis zuletzt blieb zwischen den Parteien umstritten, ob der Klägerin das Versammlungsprotokoll am 09.02.2014 oder bereits am 31.01.2014 zugegangen war. Die Klägerin rügte vor allem, dass die Beschlüsse nicht mit den Stimmen aller Gesellschafter gefasst worden seien.

Entscheidung


Hinsichtlich des Beschlusses zur Änderung des § 5d der Satzung der Beklagten hielt das OLG Hamm die Klage für begründet. Über die für Satzungsänderungen einer GmbH gemäß § 53 Abs. 2 S. 1 GmbHG erforderliche Mehrheit von ¾ der abgegebenen Stimmen war vorliegend für den satzungsändernden Beschluss die Zustimmung aller Gesellschafter von Nöten. Denn wenn eine Satzungsregelung besondere Zustimmungsvorbehalte zugunsten aller Gesellschafter aufstelle, könne diese Regelung nur unter Wahrung selbiger Zustimmungserfordernisse geändert werden. Eine solche Satzungsregelung gewähre ein individuelles Sonderrecht für alle Gesellschafter, welches nicht durch Mehrheitsbeschluss beseitigt werden könne. Diese Anforderung sei indessen nicht als Erfordernis einer einstimmigen Beschlussfassung zu verstehen. Vielmehr könnten die zur Versammlung nicht erschienen Gesellschafter der Beschlussfassung auch vorher oder nachträglich zustimmen. Nachdem die Klägerin bereits im Vorfeld der Versammlung kundgetan habe, dass sie mit der Beschlussfassung nicht einverstanden sei, sei der Beschluss unwirksam. Die Klägerin habe die Unwirksamkeit zudem in der gebotenen Weise, namentlich in Form einer allgemeinen Feststellungsklage, geltend gemacht. Insofern könne dahinstehen, ob die Klage fristgerecht erhoben wurde. Die „Unwirksamkeitsfeststellungsklage“ sei nicht fristgebunden.

Die Klage gegen den auf die Genehmigung der durch die Geschäftsführer abgeschlossenen Arbeitsverträge gerichteten Beschluss wies das OLG Hamm wegen nicht fristgerechter Klageerhebung als unbegründet ab (die Anfechtungsfrist stellt eine materielle Ausschlussfrist dar, welche bei Nichteinhaltung zur Klageabweisung als unbegründet führt). Dabei könne offen bleiben, zu welchem Zeitpunkt der Klägerin das Versammlungsprotokoll zugegangen ist. Vorliegend sei die Klage auf jeden Fall verfristet gewesen, da die Anfechtungsfrist von ca. einem Monat (vgl. § 246 Abs. 1 AktG analog) spätestens Mitte Januar 2014 nach Ablauf einer Erkundigungsfrist von ca. zwei Wochen zu laufen begonnen habe. Auf den Zeitpunkt, zu welchem der Klägerin das Versammlungsprotokoll zugegangen ist, sei vorliegend nicht abzustellen, da im konkreten Fall nur wenige Beschlüsse gefasst worden seien, die den mit der Ladung zur Versammlung mitgeteilten entsprochen hätten. Dann treffe den Gesellschafter eine Obliegenheit, sich zeitnah (binnen ca. zwei Wochen) bei der Gesellschaft nach den auf der Versammlung gefassten Beschlüssen zu erkundigen.

Fazit


Die mitgeteilte Entscheidung ist in mehrfacher Hinsicht beachtenswert: