24.02.2016 | Arbeitsrecht
Inhalt
Das BAG hat mit Urteil vom 19.11.2015 – 6 AZR 844/14 entschieden, dass eine Praktikumsanrechnung auf die Probezeit im Berufsausbildungsverhältnis nicht zulässig ist.
Sachverhalt
Der Kläger hatte bis zur Aufnahme seiner Ausbildung als Kaufmann im Einzelhandel zum 01. August 2013 bei der Beklagten zur Überbrückung ein mehrmonatiges Praktikum absolviert. Der Berufsausbildungsvertrag sah eine Probezeit von drei Monaten vor. Die Beklagte kündigte ohne Einhalten einer Kündigungsfrist gemäß § 22 BBiG zum 29. Oktober 2013 mit Schreiben vom selbigen Tag. Der Kläger wandte dagegen ein, dass eine Probezeitkündigung ohne Einhalten einer Kündigungsfrist wegen Ablaufs der Probezeit nicht mehr möglich sei. Das vorausgegangene Praktikum sei auf die Probezeit anzurechnen. Die Beklagte hätte sich schon ein ausreichendes Bild während des Praktikums machen können.
Entscheidungsgründe
Das BAG hat die Kündigung der Beklagten als wirksam angesehen. Sie erfolgte noch während der Probezeit. Das vorausgegangene Praktikum war nicht auf die Probezeit im anschließenden Berufsausbildungsverhältnis anzurechnen.
§ 20 BBiG sieht generell keine Anrechnung von Zeiten eines anderen Vertragsverhältnisses auf die zwingend vorgeschriebene Probezeit vor. Dies ergibt sich auch aus dem Zweck der Probezeit. Beide Vertragsparteien sollen ausreichend Gelegenheit haben, die für das Berufsausbildungsverhältnis im konkreten Ausbildungsberuf wesentlichen Umstände eingehend zu prüfen. Dies ist nach Ansicht des BAG nur unter den Bedingungen des Berufsausbildungsverhältnisses mit seinem spezifischen Pflichtenkatalog möglich. Ein Praktikum, ebenso wie auch ein vorausgegangenes Arbeitsverhältnis, unterscheidet sich so grundlegend vom Berufsausbildungsverhältnis, dass es auch auf den Inhalt und die Zielsetzung des Praktikums im Einzelfall nicht ankommt.
Fazit
Für Arbeitgeber bedeutet dies, dass eine wie auch immer geartete Vorbeschäftigung einer Probezeit im Berufsausbildungsverhältnis mit der erleichterten Probezeitkündigung nicht entgegensteht. Es gibt ihnen die Möglichkeit, die potentiellen Auszubildenden vorab im Rahmen eines Praktikums grundsätzlich kennenzulernen, ohne sich die Probezeitkündigung zu verbauen.