Vollarchitektur: Keine Teilabnahme nach Leistungsphase 8!

Bei Beauftragung mit der Vollarchitektur ist nicht ohne weiteres eine Teilabnahme nach der Leistungsphase 8 vereinbart. Das kann hinsichtlich der Verjährung der Ansprüche gegenüber dem Architekten für diesen sehr unangenehm sein.

Vollarchitektur: Keine Teilabnahme nach Leistungsphase 8!
Vollarchitektur: Keine Teilabnahme nach Leistungsphase 8!

15.10.2015 | Bau- und Immobilienrecht

Vertrag über Vollarchitektur: Extrem lange Haftung für Mängel!


Ist ein Architekt (oder Fachplaner) mit der „Vollarchitektur“ beauftragt, also mit allen Leistungsphasen, so endet seine Erfüllungsphase erst mit Abschluss der Leistungen der Leistungsphase 9. Die Abnahme findet im Werkvertrag – und der Architektenvertrag ist ein solcher – aber erst nach Erbringung aller Leistungen statt, in diesem Fall also nach Abschluss der Leistungsphase 9. Erst mit der Abnahme beginnen die Verjährungsfristen für Mängelansprüche zu laufen. Folge ist also, dass die Verjährung der gegen den Architekten gerichteten Ansprüche erst beginnt, wenn die Verjährung der gegen die Bauunternehmen gerichteten Ansprüche bereits abgelaufen ist. Im Ergebnis haftet der mit der Vollarchitektur beauftragte Architekt damit ca. 10 Jahre ab Abschluss der Baumaßnahme.

Der Ausweg: Vereinbarung einer Teilabnahme


Lösen lässt sich dieses Problem nur über eine Teilabnahme nach Abschluss der Leistungen der Objektüberwachung (Leistungsphase 8). Das Gesetz sieht in § 640 BGB eine Teilabnahme nicht vor. Dass diese grundsätzlich möglich ist, zeigt sich jedoch in § 641 Abs. 1 S. 2 BGB, wonach die Vergütung in Teilen zu entrichten ist, wenn das Werk in Teilen abzunehmen ist. Eine solche Teilabnahme nach der Leistungsphase 8 muss aber ausdrücklich vereinbart werden.

Die Vereinbarung einer Teilabnahme muss deutlich niedergelegt werden!


An die Vereinbarung einer Teilabnahme nach der Leistungsphase 8 stellen die Gerichte, da das Gesetz sie eben nicht vorsieht, hohe Anforderungen. Das musste vor kurzem ein Architekt feststellen, in dessen Vertrag sich folgende Regelung fand:

Die Verjährung beginnt mit der Abnahme der nach diesem Vertrag zu erbringenden Leistungen, spätestens mit Abnahme der in der Leistungsphase 8 (Objektüberwachung) zu erbringenden Leistung (Teilabnahme). Für Leistungen, die danach noch zu erbringen sind, beginnt die Verjährung mit Abnahme der letzten Leistung.

Die Rechnung des Architekten, mit welcher er alle Leistungen bis zur Leistungsphase 8 abgerechnet hatte, war im Jahr 1999 vollständig bezahlt worden. Der Architekt war daher der Meinung, darin habe eine konkludente Teilabnahme gelegen, so dass die vom Bauherrn geltend gemachten Mängelansprüche aus diesem Leistungsbereich im Zeitpunkt der Klageerhebung im Jahr 2007 verjährt gewesen wären.

Das OLG München (Urteil vom 10.02.2015 – 9 U 2225/14 Bau) hat jedoch entschieden, dass die zitierte Regelung keine Vereinbarung einer Teilabnahme nach der Leistungsphase 8 beinhaltet. Vielmehr ergebe sich aus der Klausel nur, dass die Verjährung mit der Teilabnahme zu laufen begänne, wenn es denn eine solche Teilabnahme gäbe. Die Klausel regelte nach der Auffassung des Gerichts also nur die Rechtsfolge, sie beinhaltete jedoch nicht die grundlegende Vereinbarung einer Teilabnahme. Wenn aber keine Teilabnahme vereinbart ist, kann sich diese auch nicht konkludent aus der Bezahlung der entsprechenden Rechnung ergeben. Die Ansprüche gegen den Architekten waren folglich noch nicht verjährt.

Auf ausdrückliche, deutliche Vereinbarung einer Teilabnahme achten!


Architekten oder Fachplanern, die auch mit der Leistungsphase 9 beauftragt werden sollen, kann daher nur dringend geraten werden, auf einen ausdrücklich und deutlich formulierten Anspruch auf eine Teilabnahme nach Erbringung der Leistungen der Objektüberwachung zu achten. Ansonsten sind sie der eingangs erwähnen, extrem langen Mängelhaftung ausgesetzt.