15.09.2015 | Arbeitsrecht
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in seiner Entscheidung vom 29.04.2015 (Az.: 7 AZR 310/13) eine Befristung über eine Dauer von 15 Jahre gebilligt. Das Gericht sah auf Grund der Umstände des konkreten Einzelfalls keinen Gestaltungsmissbrauch.
Die Entscheidung
Die Parteien stritten über die Wirksamkeit einer Befristung. Der Kläger wurde zwischen 1998 und 2013 auf Grund von insgesamt zehn befristeten Arbeitsverträgen als stellvertretender Küchenleiter in einem Alten- und Pflegeheim beschäftigt. Der Kläger vertrat während der gesamten Dauer seines befristeten Arbeitsverhältnisses unmittelbar die ehemalige stellevertretende Küchenleiterin. Diese fiel auf Grund der Geburt mehrerer Kinder sowie damit zusammenhängenden Erkrankungen, Mutterschutz und Elternzeit über den gesamten Zeitraum aus. Zuletzt hatte diese von September 2011 bis August 2013 Sonderurlaub für die Betreuung ihrer Kinder beantragt. Der Kläger hat sich mit seiner Klage gegen die Wirksamkeit der letzten Befristung gewandt.
Die Vorinstanzen wiesen die Klage ab. Auch die Revision des Klägers hatte keinen Erfolg.
Das BAG sah in der wiederholt befristeten Anstellung des Klägers keinen Rechtsmissbrauch. Vielmehr war das BAG der Ansicht, die Befristung sei durch § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG i. V. m. § 21 Abs. 1 BEEG gerechtfertigt, da es sich um eine sogenannte Vertretungsbefristung handelte. Ein sachlicher Grund für eine Befristung liegt u. a. dann vor, wenn ein Arbeitnehmer zur vorübergehenden Vertretung eines anderen Arbeitnehmers eingestellt wird. In diesen Fällen kann der Arbeitgeber mit dem zur Vertretung eingestellten Arbeitnehmer auch mehrere befristete Arbeitsverträge schließen. Hintergrund hierfür ist, dass der Arbeitgeber in Vertretungsfällen regelmäßig mit der Rückkehr des Arbeitnehmers rechnen muss.
Vorliegend könne auch nicht von einem Gestaltungsmissbrauch seitens der Beklagten ausgegangen werden. Das BAG räumt zwar ein, dass die Gesamtdauer des Arbeitsverhältnisses von fast fünfzehn Jahren und die Anzahl von zehn befristeten Verträgen eine rechtsmissbräuchliche Gestaltung indiziert. Diese Annahme sei im vorliegenden Fall allerdings durch die Umstände des konkreten Einzelfalls widerlegt worden. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass der Kläger unmittelbar als Vertretung für die ehemalige stellvertretende Küchenleiterin eingestellt wurde. Zudem habe die Dauer der Befristung stets der prognostizierten Dauer der Verhinderung dieser Arbeitnehmerin entsprochen. Des Weiteren kann sich der Arbeitgeber vorliegend auf die spezielle Rechtfertigungsmöglichkeit nach § 21 Abs. 1 BEEG berufen. Der Gesetzgeber gehe davon aus, dass die Vertretung insbesondere bei der Geburt mehrerer Kinder auch über einen längeren Zeitraum erfolgen kann.
Praxishinweis
Mit dieser Entscheidung macht das BAG erneut klar, dass allein die Tatsache einer Kettenbefristung nicht per se zu einer Unwirksamkeit der Befristung auf Grund eines Gestaltungsmissbrauchs führen muss. Insbesondere in Fällen unmittelbarer Vertretung eines einzigen Arbeitnehmers und dem Gleichlauf von Befristung und voraussichtlicher Verhinderung, neigt die Rechtsprechung dazu, auch Kettenbefristungen über einen längeren Zeitraum zu billigen. Anders sieht die rechtliche Würdigung bei sog. mittelbaren Vertretungen aus. Hier sehen sich Arbeitgeber oftmals schneller dem Vorwurf eines Gestaltungsmissbrauchs ausgesetzt.