18.08.2015 | Bau- und Immobilienrecht
Der Abzug „neu für alt“ …
Aus dem Schadensersatzrecht bekannt ist der Abzug „neu für alt“. Durch diesen Abzug soll der Vorteil ausgeglichen werden, den der Geschädigte dadurch erlangt, dass eine schon längere Zeit genutzte Sache durch eine neue ersetzt bzw. neu hergestellt wird. Die übliche Lebensdauer der Sache verlängert sich dadurch, was auszugleichen ist, weil sich der Geschädigte im Rahmen der Schadenskompensation auch nicht besser stehen soll.
… findet bei Ansprüchen auf Mängelbeseitigung nur eingeschränkt Anwendung!
Dieser Vorteilsausgleichung ist grundsätzlich nicht nur bei Schadensersatzansprüchen zu berücksichtigen, sondern auch bei Kostenvorschussansprüchen. Eine Anrechnung kommt aber jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn diese Vorteile ausschließlich auf einer Verzögerung der Mängelbeseitigung beruhen und sich der Auftraggeber jahrelang mit einem fehlerhaften Werk begnügen musste. Der Auftragnehmer darf keine Besserstellung dadurch erfahren, dass er nicht sogleich ein mangelfreies Werk erstellt hat, sondern dieses erst später im Rahmen der Gewährleistung erreicht wird, (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 31.03.2015 – 10 U 46/14). Die unvermeidliche Nutzung des Werkes während der Zeit, in welcher der Bauherr auf die Mängelbeseitigung wartet, ermöglicht diesem im Regelfall eben nicht den unbeeinträchtigten Gebrauch und rechtfertigt deshalb keinen Abzug wegen längerer Lebensdauer nach der Mängelbeseitigung (vgl. OLG Dresden, Urteil vom 16.07.2014 – 1 U 600/12; BGH, Beschluss vom 11.06.2015 – VII ZR 200/14, Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen).
Die Ausnahme bestätigt die Regel
In der Regel ist also bei verspäteter Mängelbeseitigung kein Abzug „neu für alt“ vorzunehmen. Ausnahmsweise kann dieser aber doch geboten sein, nämlich wenn trotz später Mängelbeseitigung keine Gebrauchsnachteile für den Bauherrn eintreten (vgl. z. B. Weyer, in: Kapellmann/Messerschmidt, VOB, 5. Aufl. 2015, § 13 VOB/B, Rn. 276).