28.08.2012 | Vergaberecht
Ermessensausübung bei Insolvenz eines Bieters: Im Vergabeverfahren kann ein Teilnahmeantrag oder ein Angebot bei Insolvenz des Bewerbers oder Bieters nicht ohne weiteres ausgeschlossen werden. Einen zwingenden Angebotsausschluss wegen Insolvenz im Vergabeverfahren gibt es nicht. Es ist eine einzelfallbezogene Ermessensausübung des Auftraggebers erforderlich. Eine Vorabfestlegung durch den Auftraggeber in der Bekanntmachung oder den Vergabeunterlagen ist nicht zu empfehlen.
Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Bewerbers oder Bieters, die Beantragung eines solchen oder die Ablehnung des Antrags mangels Masse ist nicht per se ein Grund zum Ausschluss des Bewerbers oder Bieters aus dem Vergabeverfahren.
Dies ergibt sich zunächst bereits aus den vergaberechtlichen Regelungen der § 16 Abs. 1 Nr. 2 a) VOB/A, § 6 Abs. 5 a) VOL/A, § 6 Abs. 6 a) EG VOL/A und § 4 Abs. 9 a) VOF. Dort ist für derartige Fälle nur der fakultative Ausschluss des Bewerbers oder Bieters vorgesehen. Das bedeutet, dass der Auftraggeber eine Ermessensentscheidung über den Ausschluss zu treffen hat. Einen zwingenden Angebotsausschluss wegen Insolvenz im Vergabeverfahren gibt es nicht
Das OLG Düsseldorf hat mit Beschluss vom 02.05.2005 (Az.: Verg 68/11) nochmals betont, dass diese Vorschriften eine Prüfung der Eignung des betreffenden Bewerbers oder Bieters im Einzelfall erfordern. Insbesondere äußert das Gericht Zweifel daran, ob sich Auftraggeber bereits im Vorhinein durch entsprechende Angaben, z. B. in der Bekanntmachung oder in den Vergabeunterlagen, dahingehend festlegen können, dass sie insolvente Bieter in jedem Fall aus dem Vergabeverfahren ausschließen. Ziel des Insolvenzverfahrens sei es auch, das Unternehmen zu erhalten, z. B. durch entsprechende Insolvenzpläne. Derartige Umstände müssen in die Abwägung des Auftraggebers einfließen.
Daher sollte ein beantragtes oder eröffnetes Insolvenzverfahren über das Vermögen eines Bieters in jedem Fall zu einer einzelfallbezogenen Eignungsprüfung durch den Auftraggeber führen. Eine vorweggenommene Festlegung in der Bekanntmachung oder den Vergabeunterlagen auf den Ausschluss ist in solchen Fällen ebenso wenig zu empfehlen wie eine Entscheidung ohne Berücksichtigung der Einzelheiten des konkreten Falles. Ein Angebotsausschluss wegen Insolvenz bedarf also einer Ermessensabwägung im Einzelfall. Andernfalls droht dem Auftraggeber die Feststellung eines Ermessensfehlers durch die Vergabekammer.