17.07.2012 | Bau- und Immobilienrecht
Nach einem aktuellen Beschluss des BGH vom 24.05.2012 (Az.: VII ZR 34/11) kann der Auftragnehmer Verzugszinsen aus prüfbaren Abschlagsrechnungen über beauftragte Nachträge auch dann verlangen, wenn es zu einer Einigung über die Nachtragshöhe erst nach Verzugseintritt kommt.
Ein Bauunternehmer verlangte von seinem Auftraggeber Abschlagszahlungen für zusätzlich angeordnete und erbrachte Leistungen. Wegen prüfbarer aber nicht fristgemäß bzw. in voller Höhe bezahlter Abschlagsrechnungen für diese Nachträge setzte er Nachfristen und machte nach deren Ablauf gemäß § 16 Nr. 5 Abs. 3 VOB/B 2002 Verzugszinsen geltend.
Der Auftraggeber ließ sich über die vereinbarten Zahlungsfristen hinaus reichlich Zeit für sein Nachtragsprüfungsverfahren, im Rahmen dessen sich die Parteien jedoch auf eine niedrigere als die zunächst per Abschlagsrechnung beanspruchte Vergütung geeinigt haben. Auf der Grundlage der vereinbarten Vergütung berechnete der Unternehmer seine Verzugszinsen.
Der BGH weist die Nichtzulassungsbeschwerde des Auftraggebers gegen das zusprechende Berufungsurteil mit folgenden Argumenten zurück:
- Der Anspruch auf Vergütung für zusätzliche Leistungen entsteht mit der Ausübung des einseitigen Leistungsbestimmungsrechts durch den Auftraggeber. Kommt es vor Ausführung zu keiner Einigung über die Vergütung, so ist diese unter Berücksichtigung der sich aus § 2 Nr. 6 Abs. 1 Satz 1 VOB/B ergebenden Vorgaben zu ermitteln.
- Der Auftragnehmer ist nach § 16 Nr. 1 Abs. 1 VOB/B berechtigt, in Höhe des an dieser Vergütung orientierten Wertes Abschlagszahlungen für die nachgewiesenen vertragsgemäßen Nachtragsleistungen zu fordern, weil es sich dabei um eine „vertragsgemäße Leistung“ im Sinne des § 16 Nr. 1 Abs. 1 VOB/B handele.
- Einigen sich die Parteien erst später auf eine Vergütung, tritt diese an die Stelle der sich unter Berücksichtigung der Vorgaben des § 2 Nr. 6 Abs. 1 Satz 1 VOB/B ergebenden Vergütung.
- Der Anspruch auf Abschlagszahlungen wird nach § 16 Nr. 1 Abs. 3 VOB/B 18 Werktage nach Zugang der Abschlagsrechnung fällig, so dass der Auftragnehmer berechtigt ist, Verzugszinsen wegen Nichtbezahlung dieser Vergütung zu verlangen, wenn er dem Auftraggeber die entsprechende Nachfrist gemäß § 16 Nr. 5 Abs. 3 VOB/B gesetzt hat.
- Der Auftraggeber ist nicht berechtigt, die Bezahlung prüfbarer Abschlagsrechnungen zu verweigern, nur weil er ein langwieriges internes Prüfungsverfahren durchführt; hieran ändert auch die passive Hinnahme des Prüf- und Zahlungsverhaltens des Auftraggebers durch den Auftragnehmer nichts. Er darf die Abschlagszahlung auch nicht deswegen verweigern, weil die prüfbare Abschlagsrechnung – im Nachhinein betrachtet - überhöht war.
Der Auftraggeber kommt nur dann nicht in Zahlungsverzug, wenn er an der Leistung durch eine vom ihm nicht zu vertretende Ungewissheit über das Bestehen und den Umfang der Abschlagsforderung gehindert ist, also wenn und soweit der Auftragnehmer ihm eine nicht prüfbare Abschlagsrechnung vorlegt oder wenn er die Nachfristsetzung vergisst.